Der erste Schwarm
Seit die Redaktion im Homeoffice arbeitet, ist sie teilweise noch näher dran an den Bienen und kann Schönes, Ungewöhnliches und Spannendes über sie berichten. Dieses Mal erzählt Magdalena Arnold, Werkstudentin in der Redaktion, vom überraschenden Sonntags-Schwarm.
Eigentlich wollte ich am Sonntag nur einen kurzen Kontrollcheck von außen bei den Völkern machen – sind noch alle da? Ja, es schien so. Letzten Freitag noch hatte ich eine Schwarmkontrolle gemacht. Doch sicher war ich mir nicht, ob ich auch wirklich alle Schwarmzellen gesehen hatte. Deshalb gab ich meinem Vater noch Samstagfrüh den Auftrag, gegen Mittag bitte zu schauen, ob bei den Bienen alles ok ist. Ich war derweil auf dem Weg nach Berlin zum Umzug. Abends wieder angekommen, gab mein Papa Entwarnung: „Alles normal gewesen, nichts passiert.“ Ein Glück.
Schwarm: Doch was passiert?
Dann kam der Sonntag: Ein Blick auf die zwei Beuten verriet mir – tatsächlich alles ok. Die Bienen sammelten fleißig, waren ruhig, und ich glückselig. Es mag etwas Misstrauen gewesen sein, weshalb ich dann doch auf die Salweide heraufschaute, die unmittelbar hinter dem Bienenwagen steht und über ihn hinausragt. Ein Scan von links nach rechts, von oben nach unten sollte mir bestätigen, dass nichts passiert sei. Doch zwischen den zahlreichen Ästen und den sattgrünen Blättern entdeckte ich die dunkle, große Kugel. Sie machte keinen Mucks, aber ich nahm Bewegung an den Außenrändern wahr: Ein Schwarm. Aufgeregt ging ich zu meinem Vater – der die Welt nicht mehr verstand. „Normalerweise höre ich vom Wohnzimmer aus, ob ein Schwarm abgeht oder nicht“, erklärte er. Ich versuchte, ihm zu glauben. Mit seinem Vater, dessen bester Imker-Gehilfe er war, hatte er schon zig ausziehende Schwärme beobachtet und auch wieder einfangen müssen. Er kennt das Verhalten und die Lautstärke eines Schwarms. Ich war beruhigt: Es waren nicht meine Bienen.
Schwarm auf drei Ästen
Diese Tatsache half uns nun auch nicht weiter: Da saß er nun, der Schwarm. In etwa sieben Metern Höhe in der Weide. Auf drei Äste verteilt. Gedanklich sah ich meinen Vater schon auf den Bienenwagen klettern und herunterfallen, weshalb ich noch schnell mein Handy holte. Für den Notfall – falls doch was passieren sollte. Ersteres trat ein: Mein Papa stieg auf den Bienenwagen. Letzteres nicht.
Um den Weg zum Schwarm frei zu bahnen, schnitt er in luftiger Höhe ein paar Äste weg. Ich holte derweil einen zum Schwarmfang vorgesehenen Papierkorb und zur Sicherheit noch die Schwarmfangbox. „Die ist zu klein!“, konstatierte mein Vater. Dann eben der Papierkorb, einigten wir uns. Insgeheim ärgerte er sich, denn er hatte wohl die Schwarmfang-Konstruktion meines Großvaters bei der letzten Aufräumaktion weggeschmissen. Die hätte jetzt noch gute Dienste leisten können. Nun mussten wir den Papierkorb nehmen und an eine fünf Meter lange Latte bohren, die wir zur Verlängerung brauchten. Just als mein Vater sie in Richtung Schwarm Probe halten wollte, verbog sich das Gitter des Papierkorbes, und die Schraube lockerte sich. Der Moment des Schwarmfangkastens war gekommen. Dieses Mal hielt die Schraube.
Wasser, fertig, los
Mit dem Gartenschlauch bespritzten wir die Bienen in sanftester Einstellung. Alles gut soweit – niemand verletzt. Ich reichte meinem Vater die Latte samt Schwarmfangkasten hoch; er peilte den Schwarm an. Mehrere kräftige Schüttler später war ein Teil der Bienen in der Kiste gelandet. Ich nahm sie ab, stellte sie auf den Boden, packte ein Absperrgitter drauf und war erst einmal: erleichtert.
Hatten wir die Königin erwischt? Das würde sich in der nächsten Stunde zeigen. Aufgeregt schwirrten die Bienen, die nicht in der Kiste landeten, in der Luft herum. Flogen sie runter zu den anderen – oder die anderen hoch? Wollen sie doch – wie der Schwarm letztes Jahr, den wir leider nicht fangen konnten, – in die Kastanie oben rechts daneben? „Ich finde, es kommen schon mehr runter“, befand mein Papa. Skepsis machte sich breit, als sich oben auf der Weide doch eine Traube bildete. „Ich gehe auch noch einmal hoch zum Einfangen“, beruhigte er mich. Nach etwa einer Stunde hatten wir das eindeutige Ergebnis: Nahezu alle Bienen sammelten sich beim Schwarmfangkasten. Die Traube im Baum hatte sich aufgelöst. Einige Bienen schwirrten noch in der Luft, aber auch sie fanden letztendlich ihren Platz an dem orangenen Kasten.
Später, am Abend, schlugen wir den Schwarm in eine neue Beute ein. Wir hatten es geschafft!
Wer ist der nächste?
Diese Woche werden wir weiter wachsam sein: Werden meine Bienen doch noch schwärmen? Wenn ja: Papa und ich sind ja jetzt ein eingespieltes Team. Wenn nein: Ich nehme auch andere Schwärme gerne auf. Ich hoffe, Sie auch (aber ohne Risiko beim Fang!). Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.
Magdalena Arnold
Nachtrag vom Montag, am nächsten Tag: Der zweite Schwarm (wieder nicht meine Bienen) zog eben über unsere Köpfe hinweg zum nächst gelegenen Wäldchen aufs Feld. Ich bin dann mal weg…