Gefälschter Honig – die Debatte geht weiter

20. Dezember 2024

Gefälschter Honig ist weiterhin ein großes Thema. Nun gibt es zwei neue Untersuchungen, die für Diskussionen sorgen. Diesmal haben Fernsehsender DNA-Analysen in Auftrag gegeben. Das sind die Ergebnisse.

Ausgelöst durch die Untersuchung des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes, bei der 25 von 30 Honigproben aus dem Supermarkt als „nicht authentisch“ eingestuft wurden, haben zwei Fernsehsender eigene DNA-Analysen von Honig in Auftrag gegeben. Zu welchem Ergebnis sind die Labore gekommen? Wie reagieren die Supermärkte darauf? Welche Kritik an der DNA-Analyse gibt es – und was unterscheidet sie zu bisherigen Methoden zur Aufdeckung von Honigverfälschungen?

Welche aktuellen Ergebnisse zu gefälschtem Honig gibt es? 

Die neuesten Ergebnisse stammen aus einer Recherche von ZDF frontal. Die Redaktion hatte sieben Honige – die Eigenmarken von Aldi, Lidl, Rewe, Edeka, Penny, Netto und Honig von Langnese – zur DNA-Analyse in zwei Labore geschickt. Das estnische Labor Celvia stufte alle Proben als „nicht authentisch“ ein; das österreichische Labor Sinsoma bewertete sechs Proben als „nicht plausibel“, den Goldland-Blütenhonig von Aldi als „auffällig“. Die Kategorien bedeuten, dass das DNA-Profil der eingereichten Honigproben nicht zu dem von echtem Honig passt.  

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DBJ Ausgabe 1/2025

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Auch der österreichische Sender ORF hat 31 Honige aus fünf Supermärkten mittels DNA-Analyse sowohl in Estland als auch in dem österreichischen Labor untersuchen lassen. Hier stellten sich 75 % der Proben – allesamt Importhonige – als „nicht plausibel“/ „nicht authentisch“ heraus. Die acht als authentisch eingestuften Honige kamen aus Österreich. 

Bereits im Oktober 2024 hatte der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund die Ergebnisse der Untersuchung von 30 Honigen aus deutschen Supermärkten und Discountern veröffentlicht. Das estnische Labor Celvia stufte davon 80 % als verfälscht ein. In anderen Analyseverfahren, wie NMR-, IRMS und LC/MS, waren die Proben hingegen unauffällig. 

Das Labor hat außerdem Honigproben aus drei weiteren Ländern untersucht: 

Großbritannien: Hier fielen von 24 Proben aus britischen Supermärkten insgesamt 23 durch.  

Finnland: Von 46 Proben wurden 21 als echter Honig identifiziert. Dabei bestanden alle Honige, die laut Etikett in Finnland produziert und abgefüllt wurden.  

Österreich: Alle 25 Supermarkt-Proben fielen durch. Dagegen wurden fünf Imkerhonige als authentisch eingestuft.  

Wie reagieren die Supermärkte auf die aktuellen Untersuchungen? 

Die deutschen Supermärkte widersprachen den Ergebnissen der Untersuchung von ZDF frontal. Sie hätten „ein breites Spektrum an qualitätssichernden Maßnahmen etabliert, die die Reinheit des Blütenhonigs gewährleisten“ (Rewe, Penny), man habe anerkannte Authentizitätsuntersuchungen durchgeführt (Edeka, Netto) und es lägen „keine wissenschaftlichen Belege vor, inwiefern sich aus DNA-Profil, -Menge oder Qualität eindeutige Rückschlüsse auf eine Honig-Verfälschung ergeben“ (Aldi). Langnese kritisierte, die zugrundeliegende Untersuchung sei nicht neutral, objektiv und sachkundig durchgeführt worden. Lidl kündigte an, sich über die Ergebnisse austauschen zu wollen.  

Nachdem „Spar“ auf die Ergebnisse der Untersuchung des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes aufmerksam wurde, kündigte die Handelskette eine sofortige Überprüfung sämtlicher Eigenmarken-Honige an. Sieben Sorten, die Importhonig aus Europa enthalten, wurden aus den Regalen genommen.  

Welche Kritik gibt es an der DNA-Analyse? 

Die DNA-Analysen scheinen ein großes Potenzial für die Honiganalytik zu haben. Ob die verbreiteten Ergebnisse valide sind, wird jedoch noch angezweifelt. In einer Stellungnahme vom 11. November 2024 kritisierte beispielsweise der Honigverband, es fehlten wesentliche Informationen zur Methodik, der zugrunde gelegten Datenbank und des Studiendesigns. Mit den Ergebnissen der DNA-Methodik würde eine pauschalisierte Abwertung des gesamten Honigmarktes abgeleitet.  

Auf der eurobee 2024 in Friedrichshafen war eine Diskussionsrunde angesetzt worden, auf der offene Fragen zur Methode geklärt werden sollten. Die Vertreter des estnischen Labors Celvia ließen jedoch einige Fragen – unter anderen zum Umfang der verwendeten Honigdatenbank – offen, eventuell zum Schutz wirtschaftlicher Interessen. Das wiederum half nicht, um die geäußerten Zweifel bei den meisten anwesenden Wissenschaftlern und Laborvertretern zu zerstreuen. 

Prof. Michael Traugott von Sinsoma betonte auf der eurobee das Potenzial der Methode, aber auch, dass deren Anwendung nicht von heute auf morgen umsetzbar sei: „Das braucht etwas Zeit, wir müssen da sorgfältig vorgehen, sonst hilft es auch den Imkerinnen und Imkern nicht. Es handelt sich um keine Revolution, sondern um eine State-of-the-Art-Methode. Aber man braucht dazu nicht nur das Gerät, man benötigt auch die Leute, die die Analysen durchführen und die Ergebnisse interpretieren können.“ 

Tatsächlich stellt die Interpretation des riesigen Datensatzes, den die metagenomische Analyse mit sich bringt, eine große Herausforderung dar. Dabei werden Tausende von DNA-Stücken abgelesen, die dann eingeordnet werden müssen. Dies kann nur mithilfe von Rechnern erfolgen, die die Daten mit einem zuvor erstellten Modell abgleichen. Die Qualität der Ergebnisse steht und fällt somit mit der Qualität des erstellten Modells.  

Wie findet man authentischen Honig?

Das von Celvia auf der eurobee vorgestellte Modell zeigte anhand von Honigprofilen aus der laboreigenen Datenbank, dass bereits ein österreichischer Robinienhonig eine relativ geringe Punktzahl für einen authentischen Honig erhielt. Der Grund dafür ist, dass die laboreigene Honigdatenbank offenbar vorwiegend aus estnischen Honigen besteht und Imker in Estland kaum Robinienhonig ernten. Allerdings betonte der Laborleiter Dr. Kaarel Krjutškov, dass das Labor insgesamt vier Modelle zur Bestimmung der Echtheit verwende. Der Honig müsse bei mindestens zwei Modellen durchfallen, damit man ihn als verfälscht einstuft.

Die übrigen drei Modelle stellte Krjutškov nicht vor. Er wies jedoch darauf hin, dass zusätzlich ein Abgleich mit frei zugänglichen DNA-Datenbanken erfolge, in denen Fachleute aus aller Welt DNA-Sequenzen untersuchter Organismen hinterlegen. So spiele bei der Beurteilung auch das Verhältnis der DNA im Honig von unterschiedlichen Quellen eine  Rolle – unter solchen Quellen sind beispielsweise Pflanzen, Tiere oder auch das Mikrobiom der Bienen zu verstehen. Dieses Verhältnis sei immer gleich und könne von Verfälschern durch die Zugabe von DNA nicht einfach nachgebaut werden, führte Krjutškov aus.  

Mit welchen Methoden hat man Honigverfälschungen bisher aufgedeckt?  

Griffen die Fälscher früher zu Sirupen aus Mais und Rohrzucker, so konnten diese leicht mittels der EA-IRMS-Methode nachgewiesen werden. Der Grund: Mais und Rohrzucker gehören zu den sogenannten C4-Pflanzen. Deren Kohlenstoffisotope unterscheiden sich von denen der C3-Pflanzen, an denen die Bienen vornehmlich Nektar sammeln. Allerdings sind die Fälscher daraufhin auf andere Sirupe übergegangen, die von C3-Pflanzen stammen, wie Reis, Bete, Kartoffeln, Weizen oder Maniok. Sie lassen sich immer wieder Neues einfallen, um die Analyselabore auszutricksen.  

Mittlerweile sind zwei modernere Methoden in der Wissenschaft akzeptiert und etabliert: Die sogenannte Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) und die Flüssigchromatographie gekoppelt mit hochauflösender Massenspektrometrie – kurz: LC-HRMS.  

Der molekulare Fingerabdruck von Honig

Bei der NMR-Untersuchung von Honig regt man einzelne Atomsorten in einem starken Magnetfeld mit einer Radiofrequenz an. Als Antwort erhält man die Überlagerung einer Vielzahl von Radiofrequenzsignalen, die für die im Lebensmittel vorkommenden Substanzen charakteristisch sind. So hat man ein Spektrum errechnet, das einem molekularen Fingerabdruck des Lebensmittels entspricht. Der Fingerabdruck gibt Aufschluss darüber, welche Stoffe im Honig vorkommen und auch wie viel von diesen Stoffen vorhanden ist, beispielsweise das Verhältnis von Glukose, Fruktose und anderen Zuckern. Abweichungen davon weisen auf Beimischung von Fremdzuckern hin. Das Profil der Honigprobe wird mit Honigmustern entsprechender geografischer und botanischer Herkunft in einer Datenbank abgeglichen. Um eine umfangreichere und gemeinsame Datenbank aufzubauen, hatten sich einige Labore – darunter auch QSI und FoodQS – schon 2021 zusammengetan.  

Die Methode LC-HRMS ist empfindlicher als NMR, sodass sie geringere Verfälschungen besser erkennen kann – allerdings ist sie auch aufwendiger. 

Unter anderem diese beiden Methoden hat man auch bei der EU-Untersuchung „From the hives“ von Honigimporten verwendet, deren Ergebnis seit 2023 öffentlich sind: Die EU-Kommission hatte gemeinsam mit 18 nationalen Behörden, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung und der gemeinsamen EU-Forschungsstelle insgesamt 320 Proben untersuchen lassen, wovon sich fast die Hälfte, ein Anteil von 46 %, als verdächtig erwies. Dabei wurden 133 Unternehmen – 70 Exporteure und 63 Importeure – identifiziert, die an mindestens einer verdächtigen Honigfracht beteiligt waren. Gegen 44 Unternehmen liefen bereits Ermittlungen, sieben davon wurden sanktioniert. Von den 16 deutschen Importeuren, deren Warenlieferungen untersucht worden waren, hatten 14 mindestens eine verdächtige Fuhre enthalten – insgesamt 33 der untersuchten Importe nach Deutschland erwiesen sich als verdächtig. 

Warum kommen Honigverfälschungen nicht öfter ans Licht? 

Ein Problem ist, dass die die EA-IRMS-Methode weiterhin als einzige amtliche Untersuchungsmethode in der EU zugelassen ist – die Methode, die Mais- und Rohrzuckersirup, aber keine weiteren Sirupe im Honig aufdecken kann. Die EU-Forschungsstelle kritisierte im Rahmen von „From the hives“, dass die meisten nationalen Behörden nicht in der Lage seien, Honigverfälschungen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Methoden aufzudecken. Die hiesigen Untersuchungslabore verwenden die NMR-Technik allerdings durchaus. Beispielsweise werden in Niedersachsen geprüfte Importhonige damit untersucht.  

Die EU-Forschungsstelle will die Standardisierung der modernen Verfahren unterstützen, damit diese überall amtlich eingesetzt werden können. In Deutschland wurde 2023 der Standardisierungsprozess für H-NMR gestartet. Bis zu seinem Abschluss wird es allerdings noch dauern.  

Bernhard Heuvel, Präsident der Europäischen Berufsimker, hat indes die Vermutung geteilt, dass sich die Honigfälscher weiterentwickelt haben und mittlerweile auch Sirupe mit honigähnlichen Zuckerprofil herstellen, die die NMR-Analyse passieren können. Daher setzt er gemeinsam mit weiteren Akteuren auf die Etablierung der DNA-Analyse.  

red

Lesen Sie auch:
dbj 12/2024, S. 20 f. – Per DNA den Fälschern auf der Spur?
dbj 8/2023, S. 18 f. – Honig unter Kontrolle? Wie die staatliche Kontrolle von Honigimporten in die EU aussieht
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