Die Bienenforschung versucht eine varroa-resistente Biene zu züchten. Doch wie weit ist sie und wann könnten unsere Bienen alleine mit der Milbe klarkommen? Ralph Büchler vom Bieneninstitut Kirchhain erklärt es und zeigt auf, warum wir weniger chemische Bekämpfungsmittel einsetzen sollten.
1. Immer wieder hört man von Bienenzüchtungsprogrammen mit dem Ziel, eine varroa-resistente Biene zu schaffen. Wie weit ist die Forschung?
Büchler: Die Forschung macht bei dem Thema gerade große Fortschritte. Konkret geht es ja um die sogenannte varroasensitive Hygiene, also um das Putzverhalten der Bienen, die sich die Milben quasi selbst vom Körper putzen. Das machen einige mehr als andere. Wir können mittlerweile präzise in den Brutwaben messen, ob sich Varroa-Milben dort erfolgreich entwickeln können oder nicht. Umso höher der Anteil der nicht-reproduktiven Milben ist, umso besser ist das Bienenvolk selbst vor den Folgen der Varrose geschützt und umso eher lohnt es sich, dieses Volk zur Zucht zu verwenden. Bei normalen Bienenvölkern liegt der Anteil nichtreproduktiver Milben zwischen zehn und zwanzig Prozent, bei einzelnen aber auch mal zwischen 50 und 60 und genau diese vermehren wir dann weiter. Dabei handelt es sich übrigens sowohl um Carnica-Bienen als auch um Buckfast-Bienen. Wenn der Anteil derart hoch liegt, ist keine Behandlung gegen die Milben mit chemischen Mitteln nötig.
2. Warum ist das eine so große Herausforderung?
Büchler: Weil es lange dauert, bis wir die entsprechenden Bienenvölker identifiziert haben. Man muss die Bienen beobachten und dann gezielt weiter vermehren. Daran hängt ein erheblicher Zeit- und Arbeitsaufwand, den ein normaler Imker kaum leisten kann. Deshalb ist es bislang auch ein Thema der Forschung und noch nicht der Praxis. Als nächsten Schritt versucht die Forschung gerade genetische Marker zu finden, die das Hygieneverhalten bestimmen. Dadurch würde die Auslese in der Praxis sehr erleichtert. Schwierig ist die Resistenzselektion auch deshalb, weil zugleich andere wichtige Merkmale wie Sanftmut und Honigleistung berücksichtigt werden müssen. An verschiedenen Stellen in Europa wurden ja bereits Bienenvölker gefunden, die trotz einer bestimmten Milben-Belastung in der freien Wildbahn ohne Behandlung überlebt haben. Das zeigt, dass es möglich ist, dass die Bienenvölker stark genug sein können, um mit der Varroa-Milbe klarzukommen. Allerdings haben diese Völker oftmals Eigenschaften, die Imker nicht so gerne sehen. Von Sanftmut und einem guten Honigertrag kann man dabei oft nicht sprechen. Aber diese in jahrzehntelanger Zuchtarbeit erreichten Eigenschaften sollen nicht zulasten der Resistenz geopfert werden.
3. Wann könnte es soweit sein, dass Bienen resistent gegen die Varroa-Milbe sind?
Büchler: Das ist eine Frage, die vor allem davon abhängt, wie sehr sich die komplette Imkerschaft dem Ziel öffnet, dass die Milben wieder alleine mit der Milbe klarkommen sollen. Im Moment gehört die Behandlung mit chemischen Mittel zum Standard und sobald ein neues Mittel gefunden wird, gibt es Jubelschreie. Davon müssten wir dann meiner Meinung nach weg. Wir werden nur dann resistente Bienen bekommen, wenn wir keine Prophylaxe durch chemische Behandlungen mehr betreiben, sondern nur dann behandeln, wenn Schadschwellen wirklich überschritten sind. Das öffnet den Blick für die unterschiedliche Veranlagung der Völker und bietet die Chance, anfällige Völker gezielt umzuweiseln. Alle Imker müssen mitmachen, ansonsten kommen wir bei dem Thema nicht weiter und das heißt auch, dass viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Solange wir so viel Chemie einsetzen, werden wir keine varroa-resistenten Bienen haben. Würden wir von jetzt auf gleich auf das Schadschwellen-Behandlungskonzept umstellen und auf die Züchtung setzen, könnte es in etwa zehn Jahren soweit sein.
4. Gibt es andere Wege die Milbe ohne chemische Mittel zu bekämpfen als die Züchtung in Richtung der varroa-resistenten Bienen?
Büchler: Bis sich Erfolge der Züchtung weiträumig zeigen, dauert es wie beschrieben sehr lange. Wir können aber auch schon jetzt verstärkt auf Verfahren setzen, die mehr an der Betriebsweise ansetzen statt an chemischen Mitteln. Wichtig sind Brutpausen im Bienenvolk, so dass sich dann auch die Milben nicht weiter vermehren können. Die Natur gibt diese Pausen eigentlich schon selbst vor, wenn ein Bienenvolk schwärmt. Aber soweit muss man es als Imker gar nicht kommen lassen. Man kann auch zwischenzeitlich eine totale Brutentnahme durchführen oder auf das Bannwaben-Verfahren setzen. Diese Verfahren sind sehr wirkungsvoll und verdienen stärkere Beachtung. Gerade jetzt, wenn so viele die Imkerei für sich entdecken, müssen wir derartige Verfahren verstärkt lehren. Das ist eine Chance, schon jetzt weitgehend auf Medikamente verzichten zu können.
5. Was halten Sie von den aktuell diskutierten anderen Alternativen zur Varro-Bekämpfung ohne chemische Mittel wie Bienen-Sauna und Bücherskorpion?
Büchler: Beide haben ganz unterschiedliche Ansätze und Wirkungen. Technische Bekämpfungsmaßnahmen wie die Bienen-Sauna sind zwar grundsätzlich besser als der Einsatz von Medikamenten, aber sie bedeuten auch einen großen technischen Aufwand und hohe Investitionen. Ich finde es besser, wenn die Imker lernen mit den Bienen richtig umzugehen, dann brauchen sie so etwas nicht. Die Untersuchungen zum Bücherskorpion finde ich dagegen sehr gut, denn sie lenken den Blick darauf, dass der Bienenstock eigentlich ein reichhaltiges Biotop ist. Hier leben nicht nur die Bienen selbst, sondern auch viele andere Organismen, die sich gegenseitig beeinflussen und auch helfen. Sie leben in Wechselbeziehungen zueinander. Wahrscheinlich ist es vorteilhaft, dieses Biotop nicht ständig und allzu stark zu stören. Genau diese geschieht jedoch durch den regelmäßigen Einsatz von Medikamenten. Der Bücherskorpion alleine kann die Varroa-Milben nicht bekämpfen, aber er gehört dazu, wenn man versucht die Bienenvölker so zu stärken, dass sie aus eigener Kraft mit der Milbe überleben können.
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