Die aktuellen Fälle von verfälschtem Bienenwachs machen vielen Imkern Sorgen. Mehrere Tonnen der Mittelwände sind im Umlauf, die Bienen schaden können. Dbj-Redakteur Dr. Sebastian Spiewok erklärt die Lage und was jetzt zu tun ist.
1. Wie sieht die aktuelle Situation aus?
Spiewok: Wie im Dezemberheft bereits berichtet, ermitteln Staatsanwaltschaften zurzeit gegen zwei Mittelwandhersteller in Deutschland. Möglicherweise gibt es weitere mutmaßliche Quellen von mangelhaften Mittelwänden, aber da ist die bisherige Informationslage eher dünn. Inzwischen liegt eine Rückstandsanalyse der Mittelwände von Markus Gann vor. Die gefundenen Rückstände sind wahrscheinlich die Ursache für das Absterben der Brut. Allerdings wurden die Auswirkungen solcher Rückstände auf die Bienen nie eingehender untersucht, sodass genaue Aussagen schwierig sind.
2. Woher stammt das verfälschte Wachs, und was kann jetzt gegen die Fälschungen getan werden?
Spiewok: Das Wachs, das mit Stearin gestreckt wurde, stammt wahrscheinlich aus China. Die Herkunft des Wachses, das mit Paraffin verfälscht wurde, ist nicht bekannt. Manch einer denkt, dass man erst die genaue Herkunft wissen müsse, um etwas tun zu können. Das sehe ich nicht so. Man wird eh nie etwas gegen Panscher ausrichten können, die in China sitzen. Wichtig ist, dass sich hier in Deutschland oder in der EU etwas tut, um zukünftig die Gefahr, dass solche Fälle auftreten, einzuschränken und geschädigten Imkern dann einen sicheren rechtlichen Rahmen zu geben. Hierfür ist die Frage unerheblich, wo das Wachs ursprünglich herkam.
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3. Warum ist die Lage der betroffenen Imker so schwierig? Können Imker gestreckte Mittelwände nicht reklamieren?
Spiewok: Heute stehen Imker noch immer vor derselben unsicheren Rechtslage, wie beim letzten größeren Fall mit gestrecktem Wachs. Da hätte in den vergangenen fünf Jahren schon längst etwas passieren können – im Grunde schon in den letzten Jahrzehnten. Eine offene Diskussion über ein Qualitätsmanagementsystem ist mehr als überfällig. Der Verweis auf einen fehlenden Standard für Bienenwachs existiert schon seit vielen Jahren. Es gibt allerdings eine Fülle an wissenschaftlicher Literatur, in der Bienenwachs recht genau beschrieben ist. Da sind beispielsweise die Veröffentlichungen von A. P. Tulloch oder von Juan José Jiménez. Darin werden sogar die Unterschiede zwischen Wachs von Apis mellifera, von asiatischen Honigbienenarten und von Hummeln beschrieben. Diese wissenschaftlichen Veröffentlichungen standardisieren Bienenwachs zwar nicht, aber sie definieren seine natürliche Beschaffenheit. Und dort wird man nichts von 90 Prozent Paraffin oder 25 Prozent Stearin lesen. Da fragt man sich als Laie doch, warum das für solche Fälle nicht ausreichen soll. Sicher ist aber, dass Imker ihre Mittelwände reklamieren können, wenn diese ihre Funktion nicht erfüllen. Mittelwände, die zusammenbrechen oder die Brut absterben lassen, sind schlicht und ergreifend mangelhafte Ware.
4. Kann man aktuell tatsächlich von einem Skandal sprechen? Es heißt, dass weniger als ein Prozent der Imker in Deutschland betroffen sind.
Spiewok: Die Menge des gepanschten Wachses liegt im Tonnenbereich. Es sind Imker in Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien und in den Niederlanden betroffen. Da ist der Ausdruck „Skandal“ meiner Ansicht nach angebracht. Wer hier mit Prozentzahlen argumentiert, hat bestimmte Mechanismen noch nicht erkannt. Nur ein Teil der betroffenen Imker erkennt die Ursache der Probleme. Von diesen Imkern geht wiederum nur ein Bruchteil an die Öffentlichkeit. Davon bleiben wiederum nur wenige längere Zeit am Ball. Somit ist die Zahl der Imker, auf die man aufmerksam wird, gering. Noch wichtiger ist aber ein anderer Aspekt: Von einer Panscherei ist ja nie die gesamte Branche betroffen. Somit bleibt die Zahl der Betroffenen in jedem einzelnen Fall entsprechend klein – besonders wenn man sie auf die Gesamtimkerzahl bezieht. Wir haben aber des Öfteren Probleme mit gestrecktem Wachs. Wer da darauf wartet, dass irgendwelche Prozentzahlen geknackt werden, wird nie eine kritische Masse erreichen, und die Imker werden weiter geschädigt.
5. Manch einer verweist darauf, dass viele Imker sowieso Kerzenreste in ihren Wachstopf werfen. Sollten die Imker erst einmal vor ihrer eigenen Haustür kehren?
Spiewok: Vorneweg: Natürlich sollten sich diejenigen, die sowas tatsächlich machen, mal gründlich überlegen, wie viel Cent ihnen dieser Unsinn bringt. Das hat nichts mit guter imkerlicher Praxis zu tun. Aber wie weit verbreitet ist diese Unsitte tatsächlich? Ich will das nicht abtun, aber jemand der im Zusammenhang mit den aktuellen Panschereien auf Kerzenreste verweist, muss sich darüber im Klaren sein, dass er damit von anderen Problemen ablenkt. Es geht hier um Mittelwände, die beispielsweise 90 Prozent Paraffin enthalten. Die entstehen nicht durch ein paar Kerzenstummel im Wachskessel.
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