Wachsskandal: Wie Sie die Qualität sichern

04. April 2017

Die Honigproduktion stellt höchste Ansprüche an Qualität und Sicherheit der Geräte und Materialien, die in einer Imkerei zum Einsatz kommen. Leider werden die Versprechen der Hersteller und Anbieter jedoch nicht immer eingehalten und fehlerhafte Produkte ausgeliefert. Ein Beispiel hierfür sind die Mittelwände aus gestrecktem und teils hochgradig belastetem Wachs, die verschiedenen Imkereien zurzeit zu schaffen machen. Der Mangel wurde anfangs weder vom Handel noch von den Imkern bemerkt. In der Folge brachen Völker zusammen, und die Imker verloren ihre Honigernten.

Durch den Wachsskandal trat ein seit Langem bekanntes Problem erneut offen zutage: Für Bienenwachs gibt es im Imkereisektor keine gesetzliche Definition – ganz im Gegensatz zum Lebensmittel- und Pharmabereich. Zudem wurde deutlich, dass im Handel häufig wichtige Teile eines Qualitätsmanagements wie die Rückverfolgbarkeit einzelner Mittelwandchargen fehlen.

Seither fordern immer mehr Imker klare Vorgaben, Definitionen und Leitlinien für das Recyceln und Verarbeiten von Bienenwachs. Nur so kann für die Mittelwandimkerei eine gleichbleibende Wachsqualität gewährleistet werden, die die Basis für gesunde Völker bildet. Auch der Präsident des Deutschen Imkerbundes, Peter Maske, hat sich für ein Wachs-Qualitätsmanagement ausgesprochen.

Doch was kann und muss ein solches Qualitätsmanagement bei der Wachsverarbeitung überhaupt leisten? In welchen Fällen sollte es angewendet werden? Diesen Fragen möchten wir hier nachgehen und Vorschläge für ein entsprechendes Managementsystem unterbreiten. Dabei sollte man wissen, dass alle Qualitätsmanagement-Systeme auf den drei Säulen Produkt-, Prozess- und Systemqualität beruhen, die wir daher im Folgenden näher beleuchten wollen.

Produktqualität

Neues Verpackungsgesetz: Das gilt für Imker

Grundsätzlich sollte jeder Unternehmer seine Mittelwandproduktion einer risikobasierten Betrachtung unterziehen. Kommt ein kleinerer Umarbeiter dabei zu dem Schluss, dass er ein Verschleppen von Wachs innerhalb seiner Anlagen ausschließen kann, so kann er auf eine aufwendige externe Analyse des angelieferten Wachses verzichten. Der Imker sollte Mittelwände mit der Wachsqualität erhalten, die er auch angeliefert hat. Zur Sicherheit des Kunden sollte der Umarbeiter allerdings schriftlich garantieren, dass er die Mittelwände nur aus dem angelieferten Wachs herstellt. Diese Zusage könnte beispielsweise auf einem Vordruck erfolgen, den der Deutsche Imkerbund anbieten könnte. Aussagen auf der Internetseite des Unternehmens sind hingegen nicht verlässlich. Der aktuelle Skandal hat gezeigt, dass diese schnell geändert werden können.

Umarbeiter mit großen Anlagen oder anderen Arbeitsweisen kommen wahrscheinlich zu einem anderen Schluss: Sie können dem Imker zu keiner Zeit garantieren, dass sie nur das von ihm gelieferte Bienenwachs für seine Mittelwände verwenden. Zuvor getrennte Lieferungen mit unterschiedlichen Qualitäten können vermischt und in einer Charge vereinigt werden. Das ist nicht unüblich, fordert aber zusätzliche Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Dies gilt vor allem, wenn der Verarbeiter Bienenwachs aus ungeprüften Quellen verwendet.

Will der Unternehmer seinen Kunden eine nachweislich hohe Qualität liefern, sollte er neben der Qualität des eingesetzten Rohstoffes auch die des Endproduktes überprüfen. Dazu muss er Proben nehmen und von einem Labor beispielsweise deren Schmelzpunkt, Säurezahl und Kohlenwasserstoffgehalt untersuchen lassen. Das Analysezertifikat erhält der Kunde zusammen mit den Mittelwänden. Nur so lässt sich die Qualität nachweisen.

Große wie kleine Umarbeiter sollten sogenannte Rückstellmuster, zum Beispiel fertige Mittelwände, zur eigenen Absicherung einbehalten. Die Muster dienen dazu, im Falle von Reklamationen deren Berechtigung nachprüfen zu können. Ohne Rückstellmuster kann der Betrieb keinen Nachweis antreten, dass er saubere und unverfälschte Ware geliefert hat. Ein Rückstellmuster ergibt jedoch nur Sinn, wenn die Mittelwandpakete der Probe zugeordnet werden können. Dafür sind eine eindeutige Kennzeichnung, Beschriftung und Deklaration der Pakete notwendig. Dies erhöht zugleich die Transparenz im Markt und steigert das Vertrauen der Kunden. Zu beachten ist, dass die Rückstellmuster für einen definierten Zeitraum unter geeigneten Bedingungen gelagert werden müssen. Die rückgestellte Menge muss für mehrere Analysen ausreichen.

Prozessqualität

Die Grundlage für die Prozessqualität ist ein klar definierter und dokumentierter Herstellungsprozess. Dabei helfen sogenannte Herstellvorschriften, die idealerweise vom Unternehmer selbst erstellt werden. Sie sollten wie eine Bedienungsanleitung formuliert sein und jeden einzelnen Arbeitsschritt und jeden Prozessparameter genau darstellen. Jeder Mitarbeiter muss mithilfe dieser Anleitung in der Lage sein, die Anlagen zu fahren und hochwertige Mittelwände herzustellen.

Für jede Charge, die der Unternehmer produziert, sollte er ein Herstellprotokoll anfertigen. Darin werden Herstelldatum, Herkunft und Menge des eingesetzten Rohwachses sowie die Parameter der Anlage samt eventuell verwendeter Zusätze notiert. Das Protokoll unterschreibt der zuständige Anlagenfahrer. Weiterhin sichern sogenannte In-Prozess-Kontrollen (IPK) die Prozessstabilität. Dies sind beispielsweise Temperatur- und Druckkontrollen während der Filtration des Wachses. Bei großen Anlagen können aber auch Wachsproben dazugehören, die zwischendurch genommen und beispielsweise auf Geruch, Farbe und Dichte untersucht werden. Die Ergebnisse der Kontrollen werden im Chargenprotokoll dokumentiert. Dieses Dokument, das für jede hergestellte Charge neu angefertigt werden muss, ist sorgfältig abzuheften und – ebenso wie die Rückstellmuster – mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

Eventuelle Änderungen im Ablauf oder bei den Herstellungsparametern sollten vor ihrer Anwendung erprobt werden. Kommt beispielsweise ein neuer Filter zum Einsatz, muss getestet werden, ob dies die Qualität der Mittelwände beeinflusst. Die optimalen Einstellungen sollte der Umarbeiter während einer Testproduktion ermitteln. Die Mittelwände aus dem Testlauf kann er anschließend verkaufen, sofern sie den Qualitätsvorgaben entsprechen. Die zuvor genannten Herstellanweisungen müssen den Änderungen entsprechend angepasst werden.

Systemqualität

Das eingerichtete Qualitätssicherungs-System muss auch selbst überprüft werden. Erzielen die gewählten Qualitätsmaßnahmen die gewünschte Wirkung? Entspricht das Endprodukt immer den Zielvorgaben? Dies kann der Unternehmer zunächst selbst kontrollieren. Es ist aber auch denkbar, dass dies in Zukunft eine externe und unabhängige Stelle in Form eines Audits durchführt. Externe Kontrollen haben den Vorteil, dass Verbraucher ihnen im Falle von Unklarheiten oder Nachfragen mehr Gewicht beimessen. Wesentlich ist, dass die Ergebnisse des Audits vom Hersteller selbst veröffentlicht werden und den Kunden so zugänglich sind. Dieses Instrument sichert die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen und ermöglicht die Trennung unterschiedlicher Mittelwandqualitäten, beispielsweise für den Einsatz im Bienenvolk oder für die Kerzenherstellung.

Im oben zuerst genannten Fall eines Umarbeiters, der angelieferte Chargen eins zu eins verarbeitet, die Anlage zwischen den einzelnen Chargen reinigt und kein weiteres Bienenwachs zukauft, kann auf eine externe Überprüfung verzichtet werden. Eine Risikobetrachtung wird ergeben, dass ein Eintrag von Fremdwachs nicht möglich ist und die Vereinbarung beider Parteien auf Treu und Glauben basiert.

Verarbeitet ein Umarbeiter aber Wachs aus unterschiedlichen Rohstoffquellen direkt hintereinander, importiert er Bienenwachs und ist eine Vermischung von zwei Chargen prozesstechnisch nicht zu verhindern, kann nur ein Qualitätssicherungs-System sicherstellen, dass die Endprodukte aus reinem Bienenwachs bestehen. Das System kann der Hersteller zwar selbst überprüfen, ratsam ist jedoch, sich die einwandfreie Verarbeitung, Dokumentation und Prozessführung durch eine unabhängige, externe Stelle bescheinigen zu lassen.

Fazit

Ein Wachsumarbeiter sollte wie in der Küche nach einer Rezeptur arbeiten, die vorher erprobt und als optimal bestätigt wurde. Davon sollte der Umarbeiter nicht abweichen, damit er immer das gleiche Ergebnis erzielt.

Wachsanalyse – Künftig günstig für Imker?

Das vorgestellte Qualitätsmanagement basiert auf Systemen, die in der Pharma-, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie seit Jahren gang und gäbe sind. Die Abläufe und Verfahren können an bestimmten Stellen jedoch vereinfacht werden. So kann eine Wareneingangskontrolle entfallen, wenn die Vertrauensbasis zwischen Imker und Unternehmer ausreichend groß ist und der Imker schriftlich bescheinigt, dass er nach bestem Wissen und Gewissen sauberes und unverfälschtes Bienenwachs angeliefert hat. Wichtig ist jedoch auch hier, dass für die Verarbeitung jeder Charge eine lückenlose Dokumentation und entsprechende Rückstellmuster vorliegen. Es empfiehlt sich dabei auch für kleinere Umarbeiter, stichprobenartig Analysen durchführen zu lassen. Dies dient nicht nur der eigenen Sicherheit, sondern hilft zudem, die Anlagen zu optimieren. Nicht zuletzt dient es der Sicherung des guten Rufes.

Umarbeiter, die mehrere Rohstoffquellen vermischen, sollten ein großes Augenmerk auf die Wareneingangs- und In-Prozess-Kontrolle legen. Gelangt direkt am Anfang belastetes und/oder verfälschtes Bienenwachs in den Herstellungsprozess, wirkt sich dies auf die gesamte nachgelagerte Produktion aus. Ein Stoppen der Maschinen wäre wirtschaftlich desaströs.

Das Qualitätsmanagement kann am Anfang sehr schmal gehalten werden. Erst nach und nach können mögliche Schwachstellen beseitigt werden. Ein gutes System wächst mit der Zeit mit. Zusätzliche Analysen, Kontrollen und Dokumentationen kosten natürlich Geld. Hier ist der Hersteller gefragt, wie er sein Unternehmen ausrichten will. Möchte er Qualität verkaufen? Oder macht er lieber auf günstig? Dann kann er auf vieles verzichten. Auch dafür existiert ein Markt. Aber es wird mehr und mehr Imker geben, die bereit sind, für Qualität etwas zu bezahlen. Das ist auch eine Frage des Marketings. Die Erfahrung zeigt, dass sich Qualität langfristig durchsetzt – auch dann, wenn diese einen etwas höheren Preis verlangt.

Glossar

Charge: Eine Charge umfasst die Menge eines Produkts, die in einem Arbeitsgang hergestellt wird. Ist die Rückverfolgbarkeit einzelner Chargen gewährleistet, kann im Falle von Mängeln der Fehler auf bestimmte Chargen eingegrenzt werden. Ohne rückverfolgbare Chargen steht bei einem Mangel die gesamte Produktion im Zweifel.

Risikobasierte Betrachtung: Das Ergebnis eines jeden Produktionsprozesses unterliegt Schwankungen. Hier überlegt man sich, welche Gefahren bezüglich der Produktqualität während des Prozesses bestehen und an welchen Parametern man diese Gefahren festmachen kann. Für diese Parameter werden anschließend Grenzwerte festgelegt. Werden die Werte nicht eingehalten, kann eine Charge nicht verkauft werden. Bei der Honigbearbeitung besteht beispielsweise die Gefahr, dass wichtige Enzyme durch eine zu stärke Erwärmung geschädigt werden. Der Leitparameter hierfür ist das HMF. Liegt dessen Wert zu hoch, wurde der Honig zu lange erwärmt, wodurch er nicht mehr verkehrsfähig ist.



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