Gelée Royal alleine macht noch keine Königin

07. September 2016

Macht Gelée Royal eine Bienenkönigin zur Bienenkönigin? Eine aktuelle Untersuchung verspricht die Lösung. Angeblich sei es die Tatsache, dass Königinnen weder Nektar noch fressen. Bienenforscher Werner von der Ohe warnt jedoch vor einer zu einfachen Erklärung.

Das Ei alleine ist noch nichts Besonderes: Ob daraus eine Arbeiterin oder eine Bienenkönigin entsteht, ist zum Zeitpunkt der Eiablage noch ungewiss. Und doch unterscheiden sich Bienenkönigin und Arbeiterin enorm in ihren Fähigkeiten, ihrem Aussehen, ihrer Lebensdauer und in der Bedeutung für das restliche Bienenvolk. Spricht man von diesen Unterschieden so nennt das die Bienen-Wissenschaft „Kastendifferenzierung“.

Das, was eine Bienenkönigin zur Bienenkönigin macht, liegt stark an ihrer Ernährung. Und dabei spielt ein Aspekt die ausschlaggebende Rolle: wie viel die Biene Gelée Royal bekommt. Galt bisher die Tatsache, dass die Königin in den ersten fünf Tagen, bis sie sich verpuppt, nur mit dem Futterdrüsensaft Gelée Royal ernährt wird und vor allem dadurch zur Königin wird. So stellt das Dr. May Berenbaum, Professorin an der University of Illinois nun in Frage.

Gelée Royal überschätzt?

Genauer genommen präzisiert sie diese Tatsache und sagt, dass nicht das Füttern mit Gelée Royal eine Königin zur Königin macht, sondern dass sie keinen Honig und keinen Blütenpollen bekommt. Arbeiterinnen bekommen diesen schon ab dem dritten Tag. Die Königin wird im Laufe ihres Lebens nie etwas von davon zu sich nehmen, denn ihre Ernährung besteht alleine aus Gelée Royal.

Den weißlich, mattgelben puddingartigen Futtersaft Gelée Royal erzeugen die Ammenbienen in ihren Hypopharynx- und Mandibeldrüsen. Er besteht zu rund 70 Prozent aus Wasser; die restlichen 30 Prozent sind zur Hälfte Proteine. Dazu kommen unter anderem Kohlenhydrate und Fette. Aus was sich Gelée Royal im Detail zusammensetzt, kann man beim Fachzentrum Bienen der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau nachlesen.
www.lwg.bayern.de/mam/cms06/bienen/dateien/gelee_royal.pdf

Erforscht wurde bereits, dass das Gelée Royale unterschiedliche epigenetische Effekte hat und dass sich Arbeiterinnen und Königinnen alleine darin unterscheiden, welche Gene bei ihnen aktiviert sind. Zudem ist bekannt, dass die DNA der Bienen je nach Futter tatsächlich unterschiedlich chemisch verändert wird.

Arbeiterin statt Königin: Flavonoide als Auslöser

Eine Untersuchung der Insektenkundlerin Berenbaum, über die das Wissenschaftsmagazin Wired online berichtet
http://www.wired.com/2015/09/royal-jelly-isnt-makes-queen-bee-queen-bee/, hat nun ergeben, dass es einen Unterschied macht, ob die Biene Futter bekommt, dass pflanzlichen Ursprungs ist oder von den Bienen selbst erzeugt wird wie das Gelée Royal. Der Futterbrei aus Nektar und Pollen, mit dem die Arbeiterinnen gefüttert werden, stammt schließlich aus der Natur und nicht von den Bienen selbst.

Bekommt eine Larve nichts von den pflanzlichen Stoffen – und besonders wichtig seien dabei die Flavonoide (Blütenfarbstoffe) – wird sie zur Königin. Die pflanzlichen Stoffe aktivieren in der Bienenlarve andere Gene als das Gelée Royal.

Gelée Royal, Bienenkönigin.

Bienenkönigin. Foto: Sebastian Spiewok

Entstehung der Königin: mehrere Faktoren bestimmend

Doch mit diesen Ergebnissen muss man vorsichtig umgehen, sagt Werner von der Ohe vom Laves – Institut für Bienenkunde Celle. Die Kastendifferenzierung sei noch nicht endgültig geklärt und sehr komplex ist. „Man sollte den Artikel als Anregung betrachten“, sagt von der Ohe, warnt aber gleichzeitig davor, alle anderen vorherigen Erklärungsansätze zur Entstehung der Bienenkönigin als nicht mehr relevant zu betrachten.

Zu den bisherigen Erklärungsansätzen gehören Versuche, die ergeben haben, dass die Zusammensetzung des Futtersaftes darüber bestimmen könnte, ob aus einem Ei eine Arbeiterin wird oder eine Bienenkönigin. Entweder

  • über einen deutlich höheren Anteil an Mandibelfuttersaft im Gelée Royale, wenn er für die Königin bestimmt ist,
  • über einen höheren Glucoseanteil im Futtersaft,
  • dadurch, dass sie wesentlich mehr Futtersaft einhergehend mit häufigerer Betreuung durch Ammenbienen erhält
  • oder über bestimmte Proteine (Royalactin) im Königinnenfuttersaft.

Werner von der Ohe nennt zudem die Vermutung, dass äußere Faktoren über Hormone die innere „Schaltung“ der Gene beeinflussen könnten und so die Entwicklung der Königin bzw. Arbeiterin mitbestimmt wird.

„Es ist sehr wohl denkbar und sehr wahrscheinlich, dass es eben mehrere Faktoren sind und nicht nur ein auslösender wie das Royalactin oder ein unterdrückender Faktor wie die Flavonoide“, sagt der Experte und fügt hinzu: „Wer in biologischen Systemen – insbesondere bei Bienenvölkern – nach einem einfachen linearen Erklärungsansatz sucht und meint diesen gefunden zu haben, hat die Biologie nicht verstanden.“



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