Warum imkern Menschen? Und warum imkern sie so, wie sie imkern? Der Ethnologe Dr. Peter Niedersteiner hat sich in seiner Dissertation nicht mit dem Wesen der Bienen, sondern mit dem von Imkerinnen und Imkern beschäftigt. Wir haben ihn zu seinen Erkenntnissen interviewt. Einen Ausschnitt aus dem Interview lesen Sie hier.
Ein Ethnologe unter Imkern
Herr Dr. Niedersteiner, was macht ein Ethnologe unter Imkern?
Dr. Niedersteiner: Ich habe festgestellt, dass es viel Literatur zu Bienen gibt, aber wenig, die sich mit den Imkerinnen und Imkern aus sozial- und kulturwissenschaflicher Sicht befasst. Das hat mich interessiert. Klassischerweise beschäftigt sich die Ethnologie mit dem kulturell Fremden, aber das hat sich geändert. Es gab dazu einige Krisen in der Wissenschaft, mit der Erkenntnis, dass sich das „Wir“ und „die Anderen“ so nicht aufrechterhalten lässt. Jetzt geht es bei der Forschung viel mehr um Selbstreflexion und darum, Erkenntnisprozesse nachvollziehbar zu machen.
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Sind Imker nun anders als andere Menschen? Was zeichnet sie aus?
Na ja, der gemeinsame Nenner, auf den ich – mit ganz wenigen Ausnahmen – gestoßen bin, ist, dass alle Imker ihre Bienen mögen und eine emotionale Beziehung zu ihnen pflegen. Ansonsten gibt es keine gemeinsame Eigenschaft, die alle Imker haben.
Sie beschreiben, dass Imker bei Fragen eher zum Telefon als zum Buch greifen, selbst die erfahrenen Fachleute. Gibt es nicht genug gute Imkerliteratur?
Es ist eher eine Frage des Vertrauens. Man hat Personen, von denen man weiß, dass sie ähnlich imkern und ähnliche Lösungsstrategien verfolgen, und fragt bei diesen Menschen nach. Erstaunlicherweise sind sich auch erfahrene Imker tatsächlich oft nicht sicher, was bei den Bienen los ist. Es bleiben immer Fragen offen. Das macht die Imkerei so faszinierend. Deswegen heißt mein Buch Zwischen Staunen und Zweifeln. Man will verstehen, was da im Bienenvolk passiert, man taucht richtig tief ein in die Materie. Und das passiert bei allen, vom einfachen Imker bis zu weltberühmten Wissenschaftlern wie Karl von Frisch. Die Faszination, die die Bienen auf von Frisch oder Martin Lindauer ausübten, hatte wohl ihre Wurzeln in dieser Nicht-Kontrollierbarkeit der Bienen. Es ist schwer zu erklären. Honig allein ist es jedenfalls nicht.
Haben Sie Unterschiede zwischen Freizeit- und Berufsimkern gefunden?
Eher wenige. Ich war selbst ein bisschen überrascht, als ich am LAVES – Institut für Bienenkunde mit den Imker-Azubis in einem Klassenzimmer saß. Ich dachte vorher, dass alle Auszubildenden ihre Zukunft in großen Betrieben sehen. Aber das war nicht so. Sie waren genauso heterogen wie die Freizeitimker. Auch die Haltung der Berufsimker zu ihren Bienen ist keine grundsätzlich andere. Klar, sie wollen Geld damit verdienen, aber das hat nichts zwingend damit zu tun, wie sie mit ihren Bienen umgehen. In der Betriebsweise gibt es natürlich Unterschiede.
Vielen Dank für das Gespräch! Die Fragen stellte Silke Beckedorf.
Mehr zum Thema in Ausgabe 3/2021
Für seine Dissertation sprach der Ethnologe und Imker Dr. Peter Niedersteiner mit über 130 Imkerinnen und Imkern aus Wissenschaft und Praxis. Imkerreisen führten ihn nach Neuseeland [Titelbild] wie nach Laos oder Malta.
Lesen Sie in der Ausgabe 3/2021 des dbj weiter, warum sich die Imker in Laos mit „Sind die Bienen schon da?“ begrüßen und was die größten Sorgen der Bienenhalter in Malta sind. Hier gelangen Sie zum Testabo >>>
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