Als junger Mann übernahm Bruder Adam die Leitung der Klosterimkerei Buckfast und wurde später weltberühmt. Unser Autor Martin Erdmann hat Bruder Adams Buch „Meine Betriebsweise“ im Hinblick darauf gelesen, ob sich darin auch das Klosterleben widerspiegelt.
Vor etwa 100 Jahren fand Bruder Adam seine zweite Berufung. Dem Mönch des englischen Klosters Buckfast und gebürtigen Schwarzwälder wurde am 1. September 1919 die Leitung der Klosterimkerei übertragen. Offenbar kam es ihm dabei zugute, dass er sich schon von Kindesbeinen an für Bienen interessiert hatte. Ob sein Abt wohl ahnte, welches Talent er damit förderte? Bruder Adam nahm diese Arbeit jedenfalls in der Haltung klösterlichen Gehorsams an. Denn als Benediktinermönch war er in erster Linie der Klostergemeinschaft verpflichtet.
Eine Benediktinerabtei ist eine Klostergemeinschaft, die unter einem Abt und nach der 1.500-jährigen Regel des Benedikt von Nursia lebt. Die Regel – eigentlich ein ganzes Regelwerk – hatte schon damals eine solche geistige Weite, dass sie bis heute als Richtschnur klösterlichen Lebens taugt. So leben neben den Benediktinern auch die Ordensgemeinschaften der Zisterzienser, Trappisten und Kamaldulenser nach der sogenannten Regula Benedicti. Es gibt nur wenige Texte, die für den Westen so kulturwirksam waren wie die Benediktinerregel.
Bruder Adam: Wie war sein Leben als Mönch?
Jetzt das Bienen-Journal lesen
Können wir aus Bruder Adams Schriften zur Imkerei auch etwas über sein Leben als Mönch in einer Benediktinerabtei erfahren? Mit dieser Fragestellung habe ich sein Buch Meine Betriebsweise neu gelesen. Während der Lektüre des Buches erfährt man, dass sich Bruder Adam eine achtsame Lebenseinstellung zu eigen gemacht hatte. Er schreibt: „Es sind oft unscheinbare Geschehnisse, die einen nachhaltigen, entscheidenden Einfluss ausüben und zugleich den Anstoß zu neuen, wertvollen Erkenntnissen geben.“ An einer anderen Stelle liest man: „Fürwahr, eine begrenzte Erfahrung bietet immer die Gefahr zu Folgerungen, die in der breiten Wirklichkeit ihre vorgesehene Gültigkeit verlieren.“
Doch ein Mönch muss nicht nur ein Mensch der Stille und Entschleunigung sein. Bruder Adam war es wichtig, jederzeit „den Finger auf dem Puls der Entwicklung“ zu haben. Wie enttäuscht war er einmal, als die Völker, die er im Winter extra warm gehalten hatte, sich im Frühjahr nicht entwickelten und „nur eine lungernde Weiterexistenz“ fristeten. Und wie folgerichtig erschien es ihm, dass die anderen, ohne besonderen Schutz überwinterten Völker „mit Riesenschritten“ erstarkten. Auch „Riesenschritte“ gehörten also zu seinem Vokabular. Kontemplation und Aktion gehören zusammen.
Achtsamkeit und Dynamik im Klosterleben
In seiner Sprache lässt Bruder Adam demnach zwei Grundzüge seiner Persönlichkeit erkennen: Achtsamkeit und Dynamik. Diese beiden Pole findet man auch in der besagten Benediktinerregel. Gleich die ersten Worte lauten: „Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat!“ Ein paar Verse weiter heißt es: „Lauft, solange ihr das Licht des Lebens habt!“ Beobachten und Handeln, Kontemplation und Aktion: Sie gehören im Klosterleben zusammen.
Der klösterliche Lebensweg ist ein Lernweg im konkreten Alltag, ohne unnötige Verwicklungen. Auch in der Imkerei des Klosters Buckfast verzichtete man auf Überflüssiges während der Arbeit: „Obwohl unsere Imkerei gewiss intensiv betrieben wird, stützt sich die Betriebsweise dennoch auf die einfachsten und elementarsten Grundlagen und auf eine Vermeidung jeder nicht unbedingt nötigen Arbeit“, schreibt Bruder Adam in seinem Werk.
Für ihn stand fest: „Dilettantismus und Begeisterung allein führen nicht zum Ziel.“ Diese Meinung hatte bereits Benedikt von Nursia vertreten. Neben der Demut, die Benedikt allen Handwerkern im Kloster abverlangte, forderte er profunde Sachkenntnis. Alle Mönche sollten gemäß ihren Fähigkeiten und im Gehorsam zusammenwirken. So können wir uns auch eine ideale Klostergemeinschaft vorstellen: In der Regel heißt es, dass der Anfänger aus einer gewissen Angst heraus handelt, um im weiteren Klosterleben immer mehr von Freude und Liebe motiviert zu werden.
Bruder Adam zeigt eben diesen Weg auf, wenn er schreibt: „Das wahre Schöne und Fesselnde in der Bienenhaltung und im Umgang mit Bienen besteht nicht in einem unnötigen Aufwand von Geld, Zeit und Arbeit, sondern in einem richtigen Verständnis der Bedürfnisse unserer Pfleglinge. Wahrer Idealismus und wirtschaftlicher Erfolg ergänzen sich gegenseitig.“
Wie manchen Imkern bekannt ist, wurde Bruder Adams Idealismus am Lebensende noch einmal auf eine harte Probe gestellt, als ihm vom Abt die Leitung der Imkerei entzogen wurde. Offenbar überwand er aber schließlich auch diese Krise im Geiste klösterlicher Resilienz. Im Gehorsam hatte er seine Aufgabe angenommen, im selben Gehorsam musste er sie wieder loslassen. Ich denke, dass wir von seiner mönchischen Haltung in den einzelnen Phasen unseres Imkerlebens viel lernen können.
Martin Erdmann
Der Artikel stammt aus unserer Heftausgabe dbj 9/2019>>>
Abonnieren Sie unseren Newsletter!
Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem aktuellen Stand.
Themen: