Eine chinesische Studie zeigte Ende April, dass kein Imker in der Provinz Hubei COVID-19-Symptome aufwies. Die Hypothese, Imker seien aufgrund einer Toleranz gegenüber Bienengift immun gegen Corona, konnte nun von deutschen Ärzten widerlegt werden.
Ende April sorgte eine Studie aus China in der Zeitschrift Toxicon für Furore. Demnach hatten sich unter 5.115 interviewten Imkern und 121 Apitherapie-Patienten aus der Provinz Hubei und deren Hauptstadt Wuhan keine mit COVID-19-Symptomen befunden, obwohl einige engen Kontakt zu Infizierten hatten. Daraus schlossen die chinesischen Wissenschaftler, die die Umfrage durchführten, dass Imker durch den Einfluss von Bienengift immun gegen Corona sein könnten.
Imker immun gegen Corona? Aus Zweifel entsteht Befragungsbogen in Deutschland
Die deutschen Ärzte Karsten Münstedt, Dr. Heidrun Männle und Prof. Dr. Jutta Hübner nahmen die Studie zum Anlass, um eigene Forschung zum Thema zu betreiben. Sie entwickelten in Kooperation mit der Universität Jena einen Fragebogen für die deutsche Imkerschaft. Während der fast dreimonatigen Laufzeit der Umfrage hatten sich 342 Imker rückgemeldet, wobei nur 234 Formulare ausgewertet werden konnten. Es wurden demografische Daten wie Alter, Geschlecht, chronische Krankheiten und die Länge des Imkerdaseins abgefragt. Weiterhin mussten die Imker Aufschluss geben über die Gesamtzahl der erhaltenen Bienenstiche und der Zahl der Bienenstiche im Jahr 2020. Daneben stand die Frage nach einer Infektion mit Corona und den jeweiligen Symptomen. Wer nicht infiziert war, aber trotzdem Kontakt zu COVID-19-Patienten hatte, musste dieses ebenso angeben. Aufschluss sollte auch die Frage nach den zusätzlichen Maßnahmen der Imker gegen das Coronavirus geben.
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Die Auswertung der 234 Fragebögen zeigt:
- 2 Imker starben infolge einer Coronainfektion. Einer der Verstorbenen habe seit zehn Jahren geimkert, keine chronischen Krankheiten gehabt und eine Toleranz gegenüber Bienenstichen entwickelt. Beim zweiten Verstorbenen könne darüber keine genauen Aussagen getroffen werden.
- 45 der Imker infizierten sich mit dem Coronavirus. Die meisten der Infizierten klagten über Erschöpfung, dicht gefolgt von Fieber, Geschmacksverlust, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und Körperschmerzen.
- 99 Imker standen in engem Kontakt mit Coronapatienten, infizierten sich selbst aber nicht. 29 von ihnen teilten mit, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um einer Infektion vorzubeugen. Dazu gehörte bei zwölf der Imker der Verzehr von Propolis.
- 90 Imker gaben an, nicht mit dem Coronavirus infiziert gewesen zu sein, obwohl sie möglicherweise Kontakt zu Infizierten hatten.
Ergebnis: Imker nicht immun gegen Corona
Die drei Ärzte kommen zu dem Schluss, dass Imker nicht immun gegen eine Infektion mit dem Coronavirus sind. Auch, wenn Imker regelmäßig Bienenstichen ausgesetzt sind und sogar eine Immunität gegenüber Bienengift entwickeln: Dieser Faktor schütze nicht vor einer Infektion. Ebenso spiele es bei der Schwere der COVID-19-Symptome keine Rolle, wie lange man schon Imker ist und wie viele Bienenstiche man bereits erhalten hat.
Dennoch stellte das Forscherteam auch einen Zusammenhang fest: So zeigte sich, dass infizierte Personen, die schwer unter Halsschmerzen und einem Erschöpfungszustand litten, generell auch empfindlicher auf Bienenstiche reagierten. Immerhin gaben 33 von 45 Imkern milde Schwellungen, acht Imker schwere Schwellungen und vier gar keine Schwellungen an. Die, die nach einem Bienenstich nur leichte Schwellungen verzeichneten, hätten seltener schwere COVID-19-Symptome bekommen. Als Grund für diesen Zusammenhang wird die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems angeführt.
Einschränkungen der Studie
Die Verfasser der Studie weisen darauf hin, dass sie mit der Umfrage gewiss nicht alle Imker in Deutschland erreicht haben und viele möglicherweise in Unkenntnis ihrer eigenen COVID-19-Erkrankung waren. So schätzen sie die Zahl der tatsächlich infizierten Imker in Deutschland auf 539.
Die Zahl der infizierten Imker könne aber auch gerade niedrig sein, weil das Durchschnittsalter der Imker bei 57 Jahren liegt. Deshalb wird vermutet, dass ein Großteil der Imker Rentner sind, die weniger Kontakt zu anderen Personen haben als Berufstätige und damit ein geringeres Infektionsrisiko besitzen. Ebenso zitieren die Ärzte eine Studie, aus der hervorgeht, dass Imker dazu neigen würden „Zeit alleine mit ihren Gedanken zu verbringen“. Ob das wirklich ein Grund wäre, warum weniger Imker an COVID-19 erkranken könnten, bleibt fraglich.
Wie geht es weiter?
Es stehe noch nicht fest, inwiefern Bienengift helfen könnte, wenn es direkt bei einer Coronainfektion eingesetzt werden würde. Hierfür sind weitere Studien notwendig.
Um die Wirkung anderer Bienenprodukte bei einer SARS-CoV-2-Infektion zu untersuchen, hat die Ärztegruppe einen neuen Fragebogen erstellt. Er richtet sich erneut an Imkerinnen und Imker, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben oder in Kontakt zu infizierten Personen standen. Personen, die bereits den ersten Fragebogen ausgefüllt haben, werden zur erneuten Teilnahme gebeten.
Die Studie wurde, wie ursprünglich auch die chinesische Studie, in der Zeitschrift Toxicon veröffentlicht>>>
arn
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