Warré Beute: Imkern mit geringem Aufwand

03. Februar 2020

In der Warré Beute werden normalerweise nur Oberträger und Naturwabenbau eingesetzt. Ein Besuch bei Mandy und Michael Fritzsche eröffnet einen anderen Blick auf die Rähmchenimkerei.

Als bei Mandy Fritzsche das Interesse für Bienen erwachte, besorgte sie sich zunächst das Buch Einfach imkern von Dr. Gerhard Liebig. „Was dort beschrieben wurde, war mir aber viel zu aufwendig und kompliziert“, erzählt die damalige Imkereiaspirantin. „Da ging es zudem immer nur um Honig, ich interessierte mich aber mehr für die Bienen.“ Der Aufwand für die Bienenhaltung erschien ihr so hoch, dass sie ihr Vorhaben schon wieder an den Nagel hängen wollte. Doch dann stieß sie im Internet auf die Warré Beute. „Ich muss zugeben, dass mich zunächst deren Aussehen ansprach“, erzählt die Designerin, „vor allem aber entsprach der geringe Arbeitsaufwand, verbunden mit der Sorge um die Bienengesundheit in der Betriebsweise von Abbé Warré, viel eher meinen Wünschen.“ Um sich stärker damit auseinanderzusetzen, übersetzte Fritzsche Abbé Warrés Buch ins Deutsche und schaffte sich mit ihrem Mann Michael 2008 schließlich die ersten Bienen an.

Ihre Warré Beuten stehen heute wie kleine Türme im Garten ihres Hauses am Rande von Radebeul. Mit der schlanken, hohen Form sollen die Beuten hohlen Bäumen nahekommen, die Warré als optimal für den Wärmeerhalt ansah. Auch der quadratische Grundriss der Beute beruht auf Warrés Bestreben, den Wärmehaushalt des Bienenvolkes zu verbessern. So konnte er die Zargen im Herbst drehen, damit die Waben den Winter über im Warmbau hingen, also parallel zum Flugloch. Im Frühjahr drehte er die Zargen erneut um 90 Grad, wodurch sich eine Ausrichtung im Kaltbau ergab. Diese Arbeitsschritte vollzieht heutzutage jedoch so gut wie kein Imker mehr.

Für Fritzsches bieten die kleinen Zargen, deren Grundmaße gerade einmal knapp 35 cm betragen, weitere Vorteile: Sie werden nicht zu schwer und passen zum Reinigen in den Backofen. Darüber hinaus benötigen die Beuten nicht viel Platz. „Wir mögen auch die Top-Bar-Hive, aber wenn wir davon so viele hätten wie von den Warré Beuten, wäre der Garten voll“, führt Michael Fritzsche aus.

Ein Hingucker sind die Dächer der Warré Beuten. Sie sind gleichzeitig Innen- und Außendeckel. Zwischen dem eigentlichen Beutenabschluss und den Dachschrägen befinden sich Lüftungskanäle, die das Volk im Sommer vor Überhitzung schützen sollen. Der Deckel ist als Stülpdach konzipiert, das über das Kissen (siehe Kasten) reicht und somit nicht leicht weggeweht werden kann. „Manche sagen, dass die Konstruktion des Daches dazu führt, dass es bei Wind auf die Beute gedrückt wird. Das würde verhindern, dass die Beuten umfallen.“ Ob das so stimmt, ist nicht geklärt, aber bislang ist Fritzsches auch bei starken Stürmen noch keine Beute umgeflogen.

Erfinder der Warré Beute wollte es wirtschaftlich

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„Im Grunde ist die Warré Beute eine Beute für faule Imker“, findet Mandy Fritzsche. „Abbé Warré wollte es – neben der Sorge um die Gesundheit der Bienen – so einfach und wirtschaftlich wie möglich haben. Mit seiner Beute erntet man zwar weniger Honig als mit einer Rähmchenbeute, aber die Kosten für die Produktion sind um ein Drittel geringer.“ Die Betriebsweise sieht nur wenige Eingriffe vor – was allerdings nicht bedeutet, dass die Bienen sich selbst überlassen werden. „Der Warréimker gleicht eher dem Bienenfreund auf dem Bild von Hans Thoma“, meint Mandy Fritzsche. „Er steht nicht viel hinterm Kasten, sondern sitzt davor und übt sich in der Fluglochbeobachtung. Grundsätzlich hat man bei dieser Beute alle Einflussmöglichkeiten, aber wer ständig an den Bienen arbeiten möchte, ist in der Warréimkerei falsch.“

Die Warré Beute ist im Prinzip eine Stabilbaubeute. Ihrem Erfinder war es im Sinne der Wirtschaftlichkeit jedoch wichtig, dass die Waben auch gezogen werden konnten. Statt Rähmchen setzte er günstigere Oberträger mit Anfangsstreifen mit Mittelwänden ein. Mandy Fritzsche imkert ebenfalls mit Anfangsstreifen: „Sonst bauen die Bienen quer und um die Ecke, weil sie mit der rechteckigen Zargenform nicht wirklich zurechtkommen. Ich habe schon gesehen, dass einige Waben regelrecht eingekesselt waren und von den Bienen im Winter nicht mehr gefunden wurden. Die Möglichkeit, Waben zu ziehen, ist auch für eine eventuelle Brutnestkontrolle wichtig.“ Einige Warréimkereien arbeiten mit Rähmchen, aber auch dies sieht Fritzsche kritisch: „Die Beute fällt für unsere heutigen Bienenvölker schon recht klein aus. Wenn man dann noch Rähmchen hineinhängt statt Oberträgern, wird der Raum zu klein.“

Jede Zarge wird mit lediglich acht Oberträgern ausgestattet, wodurch Dickwaben entstehen. In den Oberträgern befindet sich jeweils eine Nut, in die man Anfangsstreifen einlöten kann, damit die entstehenden Naturbauwaben auch parallel verlaufen. „Die haften dann stabil an den Oberträgern und fallen nicht herunter“, sagt Michael Fritzsche. „Man kann die Waben halt nur nicht über den Oberträger drehen wie bei einem Rähmchen.“ Möchte er eine einzelne Wabe ziehen, was in der Betriebsweise eher selten vorkommt, löst er sie mit einem kleinen Messer von der Zargenwand. „Die Waben lassen sich aber leicht lösen, denn in der Regel bauen die Bienen nur im oberen Drittel an“, führt Michael Fritzsche aus. „Die Oberleisten werden auch nicht so stark propolisiert, dass es beim Bearbeiten ständig knackt, wie man es von den Rähmchen her kennt.“

Schnelle Kippkontrolle bei Warré Beuten

In der Schwarmzeit führen Fritzsches Kippkontrollen durch. Diese lassen sich bei den kleinen Zargen leicht bewerkstelligen. Außerdem sind etwaige Weiselzellen aufgrund der fehlenden Rähmchenleisten gut zu erkennen. „Das geht super schnell“, sagt Mandy Fritzsche. „Zudem müssen wir in den unteren Zargen gar nicht erst nachschauen, da sich dort nie Schwarmzellen befinden.“

Ist ein Volk schwarmlustig, warten Fritzsches, bis die Schwarmzellen kurz vor der Verdeckelung stehen. Dann bilden sie einen Weiselzellenableger, wozu sie die Königin nach unten treiben. „Wir machen dann einen ‚auf Bär’“, beschreibt Mandy Fritzsche ihr Vorgehen. „Wir geben Rauch, klopfen gegen die oberen Zargen und lassen ordentlich Licht rein.“ Anschließend stellen sie die beiden unteren Zargen mit der Königin zur Seite. Die beiden oberen Zargen mit den Weiselzellen bleiben am ursprünglichen Platz, sodass die Flugbienen diesen zufliegen. Nach einer Woche tauschen Fritzsches die beiden Beuten gegeneinander aus. „Sollte sich die Königin mal nicht in die unteren Zargen verzogen haben, merkt man das schnell“, ergänzt Mandy Fritzsche, „dann fangen die Bienen dort nach einer Stunde an zu heulen. In der Regel funktioniert diese Methode aber sehr gut.“

Tropfhonig aus der Warré Beute

Honig ernten Fritzsches in der Regel erst am Ende der Trachtsaison. Während Warré seinen Beschreibungen zufolge meist die oberen zwei Zargen erntete, nehmen Fritzsches nur die oberste. Da bei der Warrébeute neue Zargen immer unter- statt aufgesetzt werden, wird der Honig aus bebrüteten Waben geerntet, was das Imkerpaar als einen der wenigen Nachteile der Warrébeute ansieht. „Die Waben sind aber noch relativ hell, da das Wabenwerk durch die schnelle Bauerneuerung recht schnell durchsaust“, sagt Mandy Fritzsche. Durch die Einlagerung des Honigs rückt das Brutnest im Laufe der Saison im Stock nach unten. Da kein Absperrgitter eingesetzt wird, muss man gerade bei der Ernte von zwei Zargen darauf achten, dass sich darin keine Brut mehr befindet.

Um die Ernte zu vereinfachen, haben sich Fritzsches Bienenfluchten gebaut, durch die auch Drohnen und Königinnen gelangen. „Warré hat einfach in die oberste Zarge geräuchert und so die Bienen nach unten getrieben. Das ist mit den heutigen wabensteten Bienen aber kaum möglich“, erzählt Mandy Fritzsche. „Wir haben das einmal gemacht – seither fragen immer noch einige Leute nach, ob wir mal wieder so leckeren geräucherten Honig hätten.“

Die geernteten Waben schneiden Fritzsches klein und legen diese in einem Abfüllkübel auf einen erhöht angebrachten Siebeinsatz. Der Honig tropft dann über Nacht ab. „Wir haben die Waben auch schon mal geschleudert, aber das hat ewig gedauert, bis wir fertig waren. Allein das Saubermachen danach …“, winkt Mandy Fritzsche ab. „Bei Warré geht die Arbeit hingegen schön schnell. Man schneidet die Waben klein, legt sie in den Kübel – fertig.“

Nach der Ernte entfernen Fritzsches auch die unterste Zarge, da die Waben darin sonst im Winter schimmeln können. Die Zarge geben sie im folgenden Frühjahr zusammen mit einer weiteren Zarge mit Anfangsstreifen zurück, sodass die Völker im Sommer auf vier Zargen sitzen. Nun gehen diese aber erst einmal auf zwei Zargen in den Winter. Da die Bienen noch reichlich Vorräte haben, füttern Fritzsches maximal drei Kilogramm zu. „Die Völker verbrauchen aber auch nicht viel in den Warré Beuten“, erzählt Mandy Fritzsche, „ich denke, maximal zehn Kilogramm.“

Fritzsches behandeln im Sommer mit Ameisensäure. Auf eine Winterbehandlung verzichten sie allerdings ebenso wie auf das Schneiden von Drohnenbrut. Beide geben an, trotzdem keine höheren Verluste zu haben. „Manche behaupten, die Bienen seien in der Warré Beute gesünder, aber das halte ich für Quatsch“, betont Mandy Fritzsche. „Die Bienen sind in dieser Beute genauso gesund oder krank wie in anderen Beuten auch.“

Keine Krankheitsschleudern

Vorwürfe aus der anderen Richtung, dass Imker mit alternativen Beuten Bienenkrankheiten Vorschub leisten würden, wollen Fritzsches für die Warré Beute nicht gelten lassen. „Diejenigen, die mit der Warré Beute anfangen, wollen sich auch um die Bienen kümmern“, sagt Mandy Fritzsche. „Die großen Faulbrutprobleme, die wir in unserem Gebiet haben, gehen von alten Imkern mit Rähmchenbeuten aus, nicht von Warréimkern.“ Mandy Fritzsche betont allerdings, dass sie nie Probleme mit anderen Imkern aufgrund der Warré Beuten hatte. „Ich habe aber auch kein Sendungsbewusstsein und will auch keine Beuten verkaufen. Wer anders imkern will, soll es anders machen. Die Bienen fühlen sich auch in einer Rähmchenbeute wohl. Ich finde sie halt einfach nicht so praktisch.“

Die Warré Beute empfindet Mandy Fritzsche als absolut anfängertauglich: „Im Grunde ist die Betriebsweise mit der Warré Beute leicht überschaubar. Die Beute ist ideal, da man mit ihr alle möglichen Eingriffe machen kann, man muss es aber eben nicht.“ Inzwischen kennt sie auch einige Neuimker, die mit der Warré Beute angefangen haben, um möglichst wenig an den Völkern zu tun. Anschließend erhielt sie aber E-Mails mit Fragen, anhand derer sie erkannte, dass die Neulinge sehr viel intensiver an die Völker gingen, als es der klassischen Warré-Betriebsweise entspricht: „Sie sind so begeistert, dass sie ständig bei den Bienen nachschauen wollen.“

Sebastian Spiewok



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