Raps, Linde, Sonnenblume oder doch eine Früh- oder Sommertracht? Sortenhonige zu erkennen, ist ohne Honiganalyse nicht leicht. Imkerinnen und Imker machen dabei oftmals Fehler. Zwei Honigexpertinnen berichten, was sie bei den Honiguntersuchungen erleben und warum Blütenhonige geschmacklich manchmal mehr überzeugen.
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„Sortenhonig als solcher ist kein Qualitätsmerkmal“, sagt Birgit Lichtenberg-Kraag. Sie selbst empfindet einen Blütenhonig oftmals als viel geschmackvoller und abwechslungsreicher als manch eine Honigsorte, bei der nur ein Geschmack dominant ist. Die Qualität von Honig wiederum hängt von ganz anderen Merkmalen ab als von der Sorte – von den aktiven Enzymen, dem Wassergehalt, der Rückstandsfreiheit. Birgit Lichtenberg-Kraag leitet das Honiglabor im Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf (LIB). Dort werden jedes Jahr unzählige Honige untersucht, auch unter dem Mikroskop und mit – wortwörtlich – allen Sinnen.
Wie erkennt man Sortenhonig?
Um festzustellen, welche Sortenangabe die richtige für einen Honig ist, schaut man sich das Pollenspektrum des Honigs an und wertet es aus. Außerdem wird der Honig im Labor verkostet, der Geruch bewertet und die Konsistenz und Farbe begutachtet. Weitere Analysen zu chemischen und physikalischen Merkmale eines Honigs folgen – so fordert es der Gesetzgeber für die Angabe der „botanischen Herkunft“ (Sortenbezeichnung). Jahrelange Erfahrung und die Messergebnisse geben dann Aufschluss darüber, ob ein Sortenhonig vorliegt oder ein Honig aus einer Vielzahl verschiedener Pflanzen, also eine Früh- oder Sommertracht.
Die jährlichen Auswertungen von mehr als 1.000 Honigproben im LIB zeigen, dass sich Imkerinnen und Imker gern verschätzen, wenn sie eine Honigsorte selbst bestimmen. „Bei etwa 60 Prozent der Honige, die uns zur Analyse geschickt werden und die bereits eine Sortenbezeichnung tragen, ist diese falsch“, sagt Birgit Lichtenberg-Kraag. Allerdings kämen auch nur rund 20 Prozent der eingesandten Honige inklusive Sortenbezeichnung. Die meisten eingeschickten Gläser seien „blanko“, berichtet sie. Die Imker würden abwarten, welche Einschätzung die Experten dazu geben. Mit dem Ergebnis der Honiguntersuchung bekäme man dann eine Empfehlung für die jeweilige Sortenangabe.
Sortenhonig oftmals teurer
Es gibt auch den umgekehrten Fall. So berichten sowohl die Laborleiterin aus Hohen Neuendorf als auch Saskia Wöhl vom Fachzentrum Bienen und Imkerei in Mayen, dass Imkerinnen und Imker oft das Potenzial ihres Honigs nicht nutzen, wenn sie eine Honigsorte nicht erkennen und nicht auf dem Honigglas angeben. Saskia Wöhl führt in Rheinland-Pfalz gerade eine Studie durch, die Imkereien animieren soll, ihren Honig öfter untersuchen zu lassen. Imkerinnen und Imker sollen darüber auch mehr über den eigenen Honig erfahren. Mit Potenzial ist gemeint, dass Sortenhonig oftmals teurer verkauft wird: Einerseits ist er seltener; andererseits haben Imkereien einen höheren Aufwand, wenn sie mit ihren Völkern gezielt zu einer bestimmten Tracht wandern.
„In der Studie geht es uns nicht nur darum, Sortenhonige aufzudecken. Es geht uns auch darum, Honige mit einer Allgemeinbezeichnung, die ja sensorisch viel spannender und vielseitiger sind, aufzuwerten“, sagt Saskia Wöhl zum geschmacklichen Potenzial von Honigen aus dem Nektar vieler verschiedener Pflanzen. Sie und ihr Team erstellen im Rahmen der Studie für gute Honige sensorische Honigprofile. Diese be- und umschreiben die Honige sensorisch umfangreich – ein Vorteil fürs eigene Marketing und die Gespräche mit Kunden über den eigenen Honig.
Sortenhonig: Viele Fehler bei der Sortenangabe
Auch die Honigexpertin aus Mayen hat die Erfahrung gemacht, dass der Teil der Imker größer ist, der sich bei der Bezeichnung des eigenen Honigs verschätzt. Dadurch machen einige dann nicht nur Fehler bei der Sortendeklaration, sondern auch bei der Vermarktung, wenn auf dem Etikett oder auf anderen Werbematerialien falsche Pflanzen abgebildet sind. Genauso kann es sein, dass die Konsistenz des Honigs nicht mit der angegebenen Sorte übereinstimmt. Das kann zum Beispiel sein, wenn ein angeblicher Robinienhonig plötzlich im Glas auskristallisiert und nicht mehr die sortentypische, klarflüssige Eigenschaft aufweist.
Birgit Lichtenberg-Kraag weist darauf hin, dass einige Sortenbezeichnungen ganz klar in den Leitsätzen für Honig im Deutschen Lebensmittelbuch definiert sind. Man sollte sie nicht willkürlich verwenden. „Auch Angaben wie ‚Frühtracht mit Raps‘ setzen voraus, dass die Rapstracht klar zu schmecken ist. Außerdem müssen auch die anderen Merkmale eines Rapshonigs noch erkennbar sein“, erklärt sie. Trifft das nicht zu, handelt es sich bei dem betreffenden Honig um eine „Frühjahrsblüte oder Frühtracht“. Eine falsche Sortenangabe ist rein rechtlich gesehen ein Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz. Damit ist der Honig im Prinzip nicht verkehrsfähig. „In der Praxis droht einer Imkerei zunächst nur eine Verwarnung. Mir ist nur ein Fall bekannt, bei dem es strengere gesetzliche Folgen hatte“, berichtet Birgit Lichtenberg-Kraag.
Klimawandel macht es schwieriger, Sortenhonig zu ernten
Ihrer Meinung nach könnte es in Zukunft für Imkerinnen und Imker schwieriger werden, Sortenhonig zu ernten. „Der Klimawandel bedingt, dass sich viele Trachten mehr überschneiden“, sagt sie. „Wenn alles gleichzeitig blüht, tragen die Bienen auch mehr Nektar von verschiedenen Pflanzen gleichzeitig ein.“
Die Leitsätze für Honig im Deutschen Lebensmittelbuch wurden Ende Juni 2023 in einer überarbeiteten Version veröffentlicht. Darin ist unter anderem definiert, dass Sortenhonige „die für die jeweilige spezifische botanische Herkunft charakteristischen organoleptischen Merkmale aufweisen müssen“. Welche das für die jeweilige Honigsorte sind, ist hier nachzulesen.>>>
Jana Tashina Wörrle
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