Gelbsenf oder Ölrettich, Phacelia oder Buchweizen – viele Imkerinnen und Imker befürchten eine schlechte Überwinterung durch Spättrachten. Das DBJ ist der Frage nachgegangen, ob das wirklich so ist.
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Zur Bodenverbesserung und Prämienabschöpfung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU bauen Landwirte seit einigen Jahren in ganz Deutschland Zwischenfrüchte wie Gelbsenf oder Ölrettich an. Je nach Folgekultur werden auch andere förderwürdige Kulturen wie Phacelia oder Buchweizen angebaut. Von den Imkern werden diese Kulturen als Spättrachten bezeichnet, da sie meist vom Spätsommer bis in den Frühwinter hinein blühen.
Wegen des großen Pollenangebots zu der späten Jahreszeit stehen Gelbsenf und Co. im Verruf, Bienenvölker zum längeren Brüten zu animieren. Hierdurch soll sich die Varroa besser vermehren können und sich letztendlich auch die Wintersterblichkeit erhöhen.
Spättrachten: Kein Verhonigen des Brutnestes
Die oft kolportierten negativen Effekte von spät im Jahr blühenden Zwischenfrüchten auf die Überwinterung von Bienenvölkern konnten jedoch in Untersuchungen, die am LAVES Bieneninstitut Celle und am Zentrum für Agrarforschung Bern durchgeführt wurden, bisher nicht bestätigt werden.
In einer dreijährigen Studie am Institut für Bienenkunde und Imkerei Veitshöchheim wurden Völker an Gelbsenf, Phacelia und an einem Kontrollstandort miteinander verglichen. Das Zwischenfazit nach dem zweiten Untersuchungsjahr lautete: „Ein Verhonigen des Brutnestes durch einen späten Nektareintrag konnte bislang nicht festgestellt werden. Auch der späte Polleneintrag führte zu keiner verstärkten oder verlängerten Bruttätigkeit.“
Doch Gelbsenf liefert Nektar, der sehr glukosehaltig ist und ähnlich wie Raps relativ schnell in den Waben auskristallisiert. Das gilt auch für Spättrachten wie Efeu oder Goldrute. Für diese sehr glukosehaltigen Trachten steht schon länger im Raum, dass sie in Kombination mit Winterfutter auf Stärkebasis zu auskristallisiertem Futter auf den Waben führen.
Spättrachten als Winterfutter: Nur Schwächlinge könnten Schaden nehmen
Dbj-Autorin Dr. Pia Aumeier sieht darin allerdings kein Problem: „Sobald die Wintertraube darauf rutscht, wird das Futter wieder flüssig. Imker, die tote oder zu schwache Völker auf auskristallisierten Waben vorfinden, sind aber natürlich geneigt, die Ursache im Futter zu suchen.“ Einzig mineralstoffreiche Waldtracht oder Melizitosehonig könne zu Völkerverlusten führen, wenn diese für mindestens vier Wochen nicht ausfliegen können. „Doch in den seltensten Fällen überwintert man auf reiner Honigtautracht, sondern auf einer Mischung mit Winterfutter. Dann können höchstens Schwächlinge Schaden nehmen“, so die Bienenwissenschaftlerin.
Sollte man eine Spättracht besser ernten oder als Winterfutter den Bienen belassen?
Springkraut-Honig hat noch nicht viele Liebhaber gefunden, ihn überlässt man vielleicht gerne den Bienen. Imkerei-Fachberater Remigius Binder sieht bei dieser Spättracht auch das Problem der geringen Zuverlässigkeit. „Falls nichts oder nur wenig kommt, muss ich relativ schnell das Winterfutter verfügbar haben. Die Bienen müssen es dann auch noch abnehmen und einlagern.“ Imkerfachberater Bruno-Binder Köllhofer berichtet aus seiner Beraterpraxis, dass Imker in einzelnen Regionen Baden-Württembergs gelernt haben, den Nektarfluss des Drüsigen Springkraust abzuschätzen. Sie füttern entsprechend verhaltener ein.
Honig von Spättrachten ernten, kann sich lohnen
Es kann jedoch auch passieren, dass das Brutnest durch den Eintrag einer späten Tracht dermaßen verhonigt, dass die Königin keinen Platz mehr findet, um zu legen. Dann hat man keine Wahl und muss überzählige Waben unbedingt entnehmen. Honige aus Trachten wie Wald, Heide, Goldrute oder Buchweizen sind zudem gefragt und erzielen gute Preise. Hier lohnt es durchaus, sich die Mühen einer Spättrachternte zu machen.
Nicht unbedingt muss hierfür der Honigraum aufgesetzt bleiben, um anschließend festzustellen, dass nur einzelne Waben angetragen wurden. Bei unterwarteten Einträgen in den Brutraum können Verfahren wie „Teilen und behandeln“ Waben mit Brut und Honig auch noch spät im Jahr brutfrei und schleuderbar machen, ohne dass Brut vernichtet werden muss.
Malte Frerick
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