Imkern mit Flachzargen: Das gehört dazu

14. August 2020

Das Imkern mit Flachzargen im Zwei-Drittel-Maß wird zunehmend beliebter, gleichzeitig ist über das Zwischenmaß wenig bekannt. Der Artikel will diese Kluft schließen.

Nur eine Hochzarge wie bei Dadantbeuten – oder doch besser zwei Ganzzargen für den Brutraum? In der deutschen Imkerei wird gerne darüber diskutiert, welches System der Bienenhaltung in Magazinen praktikabler sei. Am Imkern mit Ganzzargen wird häufig bemängelt, dass der Brutraum bei zwei Zargen insgesamt zu groß gerate. Dies erschwere die Annahme des Honigraumes und fördere das Verhonigen des Brutraumes. Auch seien die schweren Honigräume keinem Imker zuzumuten.

Imkern mit Flachzargen: Das Gewicht der Honigräume überzeugt

Imkern mit Flachzargen Grafik
Die Anzahl und die Größe von Brut- (BR) und Honigräumen (HR) unterscheiden sich je nach Beute und Betriebsweise. Andere Zwischengrößen, wie Halbzargen, erweitern das Spektrum. Abbildung: Malte Frerick

Die Verfechter der einräumigen Völkerführung sehen sich hingegen der Kritik ausgesetzt, unterschiedliche Rähmchenmaße im Brut- und Honigraum hätten eine geringere Flexibilität und eine kompliziertere Wabenhygiene zur Folge. Problematisch sei zudem, dass während der Schwarmzeit auf die praktische Kippkontrolle verzichtet werden müsse. Obwohl die Diskussion deutlich macht, dass jedes System Vor- und Nachteile mit sich bringt, gibt es einen bisher wenig beachteten Mittelweg: das Imkern ausschließlich mit Flachzargen im Zwei-Drittel-Maß.

Besonders das geringere Gewicht lässt viele Imker auf die nur 159 mm hohen Rähmchen umsteigen. „Gefüllte Honigzargen lassen sich in diesem Maß viel besser heben. Das schont den Rücken“, sagt beispielsweise Roland Weber. Der Inhaber eines der größten Fachgeschäfte für Imkereibedarf in Deutschland hat mit unterschiedlichen Beutensystemen gearbeitet und ist wie viele seiner Kunden mittlerweile komplett auf Flachzargen umgestiegen. „In den letzten Jahren hat die Nachfrage nach Flachzargen stark zugenommen“, berichtet Weber.

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Abgeschaut hat er sich das Imkern mit dem Zwischenmaß bei Wolfgang Stöckmann. Der Niedersachse betreibt eine Berufsimkerei mit rund 1.000 Völkern und imkert bereits seit 1972 mit Flachzargen. „Wir sind damals in Europa umhergefahren, weil wir eine Alternative zum Deutsch Normalmaß gesucht haben. Inspiriert hat uns der Buckfastimker Fritz Baumgarten, der damals schon mit Flachzargen imkerte“, erzählt Stöckmann. „Anfang der 1970er-Jahre kam der Bienenwissenschaftler Josef Bretschko nach Deutschland und hielt Vorträge über die Flachzargenimkerei“, ergänzt er.

Imkern mit Flachzargen: Zwei-Drittel-Maß mit 159 mm Rähmchenhöhe

Der österreichische Wissenschaftler und frühere Leiter der Steirischen Imkerschule in Graz, Dr. Josef Bretschko, spielte bei der Bekanntmachung der Flachzargenimkerei in Mitteleuropa eine zentrale Rolle. Seine Vortragstätigkeit und Bücher legten den Grundstein für die heute in Österreich durchaus verbreitete Bienenhaltung in Flachzargen. Die österreichischen Imker greifen dabei gerne auf Langstrothrähmchen zurück, die 28 mm länger als Zander- und ganze 78 mm länger als Deutsch-Normalmaß-Rähmchen sind.

Im Zwei-Drittel-Maß beträgt die Höhe jedoch bei allen Rähmchen 159 mm. Diese Zwischengröße geht ursprünglich auf Dadanträhmchen für den Honigraum zurück und ist in den USA schon länger nur noch als Zwei-Drittel-Langstrothrähmchen erhältlich. In Anlehnung an den Herkunftsort der Dadants wird dieses Maß auch „Western“ oder „Illinois“ genannt. In den Vereinigten Staaten ist in den letzten Jahren gerade unter Freizeitimkern das Imkern mit Flachzargen sehr populär geworden. Bekannte US-amerikanische Autoren wie Michael Bush bewerben die Flachzargenimkerei als eine einfache und rückenschonende Art der Bienenhaltung.

Imkern mit Flachzargen: Wo kommt diese Tradition her?

Die Flachzargenimkerei hat in den USA jedoch eine weitaus längere Tradition. Als Begründer der Bienenhaltung in Flachzargen kann der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an der Universität von Wisconsin lehrende Dr. Clayton L. Farrar angesehen werden. Gegen die damals in den USA noch gebräuchlichen modifizierten Dadantbeuten sprachen aus seiner Sicht die in Brut- und Honigraum unterschiedlich großen Rähmchen, die er für ineffizient hielt.

Imkern mit Flachzargen
Der geteilte Brutraum verspricht einen schnellen Blick ins Brutnest. Foto: Sabine Rübensaat

In Untersuchungen widerlegte Farrar die Auffassung der Dadantanhänger, im Brutraum seien wenige große Rähmchen vielen kleinen vorzuziehen. Für den Umfang der angelegten Brut seien nur die insgesamt zur Verfügung stehende Wabenfläche, ihre Lage, die Futterversorgung und die Qualität der Königin entscheidend, berichtete Farrar. Auch sein Argument gegen Ganzzargen erinnert sehr stark an die heutige Diskussion: Nachteilig sei vor allem das hohe Gewicht der Honigräume. So kam es, dass Farrar die Zehner-Langstrothzargen des universitären Imkereibetriebes auf die Höhe von Dadant-Honigräumen einkürzte und eine Flachzargen-Betriebsweise etablierte.

So läuft das Imkern mit Flachzargen in der Praxis ab

Doch wie sieht eine Betriebsweise mit Flachzargen in der Praxis aus? Farrar propagierte einen häufigen Wechsel der Brutraumzargen während der Saison. Da sich das Brutnest nach oben hin ausdehne und sich mit der Zeit in die oberen Brutraumzargen verlagere, könne der Imker durch den Zargentausch immer wieder ausreichend Platz für die eierlegende Königin schaffen und so zusätzlich den Schwarmtrieb dämpfen, proklamierte er. In der deutschsprachigen Literatur über die Flachzargenimkerei findet man viele dieser von Farrar empfohlenen Eingriffe wieder.

Auch die im angelsächsischen Raum oft diskutierte Brutdistanzierung – „Demaree-Plan“ oder „Demareeing“ genannt – wird in einigen Büchern aufgegriffen. Solche Maßnahmen müssen aber nicht zwangsläufig mit einer Flachzargen-Betriebsweise einhergehen. „Da ist viel Spielerei dabei. Ich fahre auch ohne diese Maßnahmen sehr gut“, sagt Klaus Nowottnick, Autor imkerlicher Fachliteratur und seit einem Bandscheibenvorfall vor über zehn Jahren überzeugter Flachzargenimker.

„Ich habe ein paar Jahre den Zargentausch praktiziert, habe aber nicht den Eindruck, dass dieser positive Auswirkungen hat“, bestätigt auch der Biolandimker Jürgen Parg den schwachen Effekt solcher Maßnahmen. „Als Berufsimker kann ich zwar der Brutdistanzierung etwas abgewinnen, man kann es aber auch sehr kompliziert machen. Generell bin ich gegen ein Rumgepuzzel am Volk“, sagt Parg, der knapp 200 Völker in Flachzargen führt.

Wie einfach kann man das Imkern mit Ganzzargen Flachzargen übertragen?

Dem häufigen Tausch von Brutraumzargen steht insbesondere die zargenweise durchgeführte Wabenhygiene entgegen, die einen großen Vorteil von Betriebsweisen mit nur einem Rähmchenmaß darstellt. Die in zeitgemäßen Betriebsweisen geschulten Imker verzichten daher möglichst auf den Tausch von Brutraumzargen und die Verbringung von Brutwaben in den Honigraum. Ist also eine Betriebsweise mit Ganzzargen, wie etwa die modulare imkerliche Betriebsweise, ohne Weiteres auf eine Flachzargen-Betriebsweise übertragbar?

Nicht ganz, denn die Entnahme der unteren Brutraumzarge kann bei Flachzargen meist nicht schon Ende August erfolgen. Aufgrund oft noch vorhandener Brut nimmt man diese bei Flachzargen erst im Spätherbst oder im zeitigen Frühjahr vor. Obwohl junge Flachzargenvölker auf Langstroth- oder Zanderrähmchen in manchen Regionen auf einer Zarge überwintern können, empfiehlt es sich daneben, Ableger stets auf zwei Zargen zu überwintern.

„Jungvölker, die ich im Mai bilde, werden bei mir von Anfang an als Vollvolk geführt“, erklärt Wolfgang Stöckmann den von einer Ganzzargen-Betriebsweise abweichenden Ansatz. Zwar führen manche Flachzargenimker ihre Wirtschaftsvölker während der Saison auf drei Brutraumzargen, doch Nowottnick, Parg und Stöckmann zufolge reichen zwei Brutraumzargen aus. Keiner der drei Imker berichtet über eine hierdurch verstärkte Schwarmfreude oder eine zeitweise auftretende Futterknappheit.

Imkern mit Flachzargen
Die Berufsimker Jürgen Parg und Wolfgang Stöckmann arbeiten mit einem eigens angefertigten Maß, das dem Zwei-Drittel-Maß sehr nahekommt. Foto: Jürgen Parg

Diese Kritik gibt es beim Imkern mit Flachzargen

Ein Kritikpunkt an der Flachzargenimkerei lautet, dass man insgesamt mehr Zargen und Rähmchen benötigt. „Es stimmt schon, dass man mehr Material braucht und dadurch mehr Handgriffe nötig sind“, sagt Jürgen Parg. Auch die Anschaffungskosten sind daher höher. In einem Arbeitsprojekt zum Thema Flachzargen errechnete Thomas Kustermann, Mitarbeiter der Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim, dass sich bei einer zusätzlich benötigten Zarge die Mehrkosten pro Beute auf rund 23 Euro belaufen.

Sein Fazit war dennoch positiv: Kustermann überzeugte neben einem verminderten Wabenbruch beim Schleudern, dem stabileren Naturwabenbau und der besseren Wanderbarkeit der Beuten vor allem das gegenüber Ganzzargen um etwa zehn Kilogramm reduzierte Gewicht. „Ich quäle mich nicht mehr“, sagt auch Jürgen Parg und ergänzt: „Gegenüber Dadant kann ich die Völker sanft schröpfen, im Standmaß Königinnenzucht betreiben, muss den Transport geschiedeter Hochzargen nicht aufwendig sichern und bin während der Schwarmzeit mit der Kippkontrolle auch schneller.“

Wolfgang Stöckmann fasst die Vorteile so zusammen: „Bei Flachzargen kann ich sofort ins Brutnest schauen, und die Waben sind handlicher. Außerdem sind Sortenhonige wie Heidehonig einfacher zu gewinnen. Wir wollen kein anderes Maß.“

Malte Frerick

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