Honig, der mit Zuckersirup gestreckt ist, ist auf dem internationalen Honigmarkt keine Seltenheit. Erst kürzlich zeigte der EU-Kontrollbericht, dass auch Importhonig, der nach Deutschland kommt, oftmals nicht der europäischen Honigrichtlinie entspricht. Doch welche rechtlichen Vorschriften gelten im Detail? Eine Fachanwältin für Lebensmittelrecht klärt auf.
Über 300 Honigproben haben europäische Behörden untersucht, um die Qualität des Honigs zu überprüfen, der in der Europäischen Union auf den Markt kommt. Das Ergebnis erschreckte viele und es brachte eine neue Diskussion über gefälschten Honig in Gang. Imkerverbände hatten schon lange auf die Situation hingewiesen, doch erst jetzt sind die Honigfälschungen öffentlich als Problem ein Thema – auch in den Medien. Auch Imker fragen sich, wie zu dieser Schieflage kommen kann, obwohl diese der Nachfrage nach regionalem Honig vom Imker entgegenkommt.
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Dem EU-Kontrollbericht zufolge stammte der gefälschte Honig vor allem aus China, der Türkei und auch aus Großbritannien. Insgesamt fielen 46 Prozent der analysierten Proben negativ auf, da Zuckersirup enthalten war. Damit verstoßen sie gegen die europäische Honigrichtlinie. Das ist dem Bericht zufolge eine deutliche Zunahme gegenüber dem letzten Bericht zuvor im Jahr 2017.
Gefälschter Honig: Rechtliche Vorschriften klar, Honiganalysen mangelhaft
Doch wie sind die Honigfälschungen aus rechtlicher Sicht zu sehen? Hat Deutschland strengere Regelungen in Bezug auf Honig als die EU? Und wie kann man einem solchen Betrug vorbeugen? Die Fachanwältin für Lebensmittelrecht Barbara Klaus nimmt im folgenden Interview Stellung dazu.
DBJ: Wie kann es sein, dass große Mengen an Honig, der mit Zucker gestreckt ist, in Deutschland auf den Markt kommen, obwohl das deutsche Lebensmittelrecht als sehr streng gilt und obwohl die Honigverordnung eigentlich klar abgrenzt, dass Honig nichts hinzugefügt werden darf?
Klaus: Die rechtlichen Vorgaben sind eine Sache, eine andere ist es die tatsächliche Befolgung dieser Vorschriften zu überwachen. Letzteres wird zum einen durch Eigenkontrollen der Lebensmittelunternehmen sichergestellt. Zum anderen erfolgt es durch die amtliche Lebensmittelüberwachung, die den Mitgliedstaaten obliegt und in Deutschland Aufgabe der Länder ist.
DBJ: Wie unterscheidet sich das deutsche und EU-Recht beim Thema Honig? Und welche Rolle spielen die Unterschiede bei den aktuellen Honigbetrugsfällen?
Klaus: Die Anforderungen an Honig, der als Lebensmittel gewerbemäßig in Verkehr gebracht wird, sind in der gesamten EU vergleichbar, da sie durch die EU-Richtlinie 2001/110/EG in nationales Recht umgesetzt wurden (z.B. deutsche Honigverordnung). Darüber hinaus gibt es spezifische Vorschriften für Honig, der mit bestimmten Qualitäts- und Gütezeichnen vermarktet wird. Honig, der zum Beispiel die Bezeichnung „Echter Deutscher Honig“ trägt, muss den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Honigverordnung genügen und darüber hinaus den sehr viel strengeren Qualitätsrichtlinien des Deutschen Imkerbundes. Diese Unterschiede spielen bei den aktuellen Honigbetrugsfällen jedoch keine Rolle, dass es dabei um Verstöße gegen die allgemeinen Anforderungen von als „Honig“ bezeichneten Produkten geht, die wie gesagt auf EU-Ebene vereinheitlicht sind.
Importhonig braucht verstärkte Kontrollen
DBJ: Sind es überhaupt mangelhafte rechtliche Regelungen, die den Honigfälschern in die Hände spielen? Oder verstoßen diese ganz einfach gegen das Recht und sie sind zu wenig kontrolliert?
Klaus: Die rechtlichen Regeln legen die Arten und die Merkmale fest, denen Honig entsprechen muss und bezwecken damit unlauteren Wettbewerb und die Irreführung der Verbraucher zu vermeiden. Sie schaffen also keine Vorteile für „Betrüger“. Freilich muss die Einhaltung dieser Vorschriften angemessen kontrolliert werden, damit der Zweck auch erreicht werden kann. Hierfür gibt es Untersuchungsprogramme, die in Deutschland von den Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämtern in den Städten und Landkreisen durchgeführt werden, sowie bundesweite Kontrollprogramme. Die Ergebnisse der Analysen, die von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) durchgeführt wurde, wird Anlass geben, die Kontrollen insbesondere von importiertem Honig zu verstärken. Ein ausdrückliches Ergebnis der Betrugsbekämpfungsaktion war u.a. die Aussage, dass auch Deutschland bezüglich der Testkapazität und hinsichtlich der analysetechnischen Aktualität der Testmethoden Verbesserungsbedarf hat.
Gefälschter Honig: Vorschläge für rechtliche Verbesserungen
DBJ: Was müsste sich rechtlich ändern, damit man etwas gegen die Probleme erreichen kann? Was wäre bei der Durchsetzung der Regelungen aus Ihrer Sicht zu verbessern?
Klaus: Die Problemlösung sehe ich nicht nur in der Änderung der rechtlichen Vorschriften. Die Bestimmungen über amtliche Kontrollen sehen bereits Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung vor. Diese gilt es anzuwenden. Problematisch sind zugegebenermaßen die bislang gängigen Analysemethoden zur Feststellung der Echtheit von Honig. Sie erkennen die Verfälschungen durch zugesetzte Zucker oftmals nicht. Es sind allerdings bereits verschiedene Projekte gestartet, um künftig ein routinetaugliches Analyseverfahren anwenden zu können, das Verfälschungen entlarvt. Daneben plant die EU-Kommission, parallel zu der aktuellen Betrugsbekämpfungsaktion, die Regelung für die Ursprungskennzeichnung von Honig zu verschärfen. Bei Honigmischungen – und das sind etwa 80 Prozent der Honig-Verbraucherprodukte – kann derzeit statt der Ursprungsländer auch nur „Mischung“ aus „EU-Ländern“ oder „Nicht-EU-Ländern“ bzw. aus beiden angegeben werden. Dies soll zukünftig entfallen, so dass auch bei Honigmischungen europaweit immer alle Ursprungsländer angegeben werden müssen. Dies kann ein weiterer Baustein zu mehr Transparenz bezüglich des Produktes Honig für Kontrolleure und Verbraucher sein.
DBJ: Haben Sie weitere Vorschläge?
Klaus: Freilich sind aber auch Herkunftsnachweise fälschbar bzw. der Honig kann auch erst hier, sprich innerhalb der EU, gestreckt werden. So muss die Kontrolle weiterhin entlang der gesamten Kette von der Grenze bis zum Supermarkt erfolgen und man sollte sie verstärken. Auch könnte dieser Vorschlag heimische Imker neben dem eigenen Qualitätssiegel dabei unterstützen die Herkunft des Honigs besser zu bewerben. Einschränkend muss man hierzu jedoch anmerken, dass noch strengere Regelungen (z.B. Angabe der Ursprungsländer in Prozent) in der Vorschlagsbegründung zwar diskutiert werden, letztendlich aber nicht vorgeschlagen wurden.
Jana Tashina Wörrle
Auch die Arbeitsgruppe „Honig“ der EU-Landwirtschaftsorganisation Copa-Cogeca hat nach Bekanntwerden der neuesten Zahlen zum gefälschten Importhonig ähnliche Forderungen formuliert. Ändern sollte die Politik demnach: eine eindeutige Herkunftskennzeichnung, bessere Kontrollmethoden und insgesamt mehr Kontrollen der zuständigen Behörden. Die Pressemitteilung dazu von Mitte März 2023 steht hier zum Download bereit.>>>
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