Wer Wildbienen Nistplätze anbieten möchte, braucht dafür nicht unbedingt ein Bienenhaus nach Bauanleitung. Weit mehr Insekten profitieren vom Anlegen bzw. dem Erhalten passender natürlicher Strukturen. So geht’s.
Ob man sie Wildbienen- oder Insektenhotel nennt, Bienen- oder Schmetterlingshaus – Nisthilfen für Insekten sind mittlerweile an vielen Orten zu sehen. Meistens sind sie aus einem Holzgerüst – ähnlich einem kleinen Regal mit mehrere Etagen. Darin findet man Holz- oder Lehmklötze mit vorgebohrten Gängen oder Tontöpfe mit Pflanzenstängeln. Es gibt sie fertig zu kaufen oder man nutzt eine Bauanleitung für ein Bienenhaus wie sie in ganz verschiedener Form auch online zu finden sind.
Bienenhaus nach Bauanleitung? Wem Insektenhotels nützen
Zwei Dinge haben diese Insektenhotels gemeinsam:
- Sie dienen der Umweltbildung. Sie schaffen einen Zugang zur Insektenwelt, zu den Wildbienen und ihrer Vielfalt und auch dazu, dass unsere natürliche Umgebung für Insekten immer weniger passenden Lebensraum bietet.
- Sie bieten leider nur einer kleinen Zahl an Wildbienenarten Unterschlupf und Nistmöglichkeiten.
„75 Prozent aller einheimischen Wildbienen nisten nicht in Holzgängen oder Pflanzenstängeln“, erklärt Cornelis Hemmer von der Initiative „Deutschland summt!“. Nester legen viele Wildbienen stattdessen im Boden an und bauen ihre Gänge selbstständig in die Erde. Genau dafür müssen sie allerdings an den Erdboden herankommen. Und das ist zunehmend ein Problem – auch in Gärten und auf landwirtschaftlichen Flächen.
Bienenhaus: Offener Rohboden statt Bauanleitung
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Cornelis Hemmer erklärt, dass Beete, die mit Rindenmulch abgedeckt oder mit Bodendeckern bepflanzt sind, den Insekten den Zugang zum Erdboden versperren – und damit auch zu den Möglichkeiten, Nester anzulegen. Ähnliches geschehe, wenn auf Äckern Zwischenfrüchten wachsen oder Blühmischungen ausgesäht sind, statt sie brach liegen zu lassen. „Das ist oft gut gemeint, aber es erreicht für die Wildbienen das Gegenteil“, sagt der Wildbienenexperte. Er sieht es sehr kritisch, dass die EU dies im Rahmen von geforderten Greening-Maßnahmen finanziell fördert und dabei nicht richtig über die Folgen aufklärt.
Denn Wildbienen brauchen Hemmer zufolge Rohboden, Magerrasen und Flächen, auf denen nicht ständig ein schweres landwirtschaftliches Geräte den Boden umbricht und durchwühlt. Dann werden nämlich auch die Gänge und Nester der bodenbrütenden Insekten zerstört. Das geschieht natürlich genauso auch in städtischen Parks und hemischen Gärten, wenn dort zu viel Hand an gelegt wird und wenn alles flächig bepflanzt ist. So kann es vielen Wildbienenarten schon helfen, wenn man statt großer durchgehender Rasenflächen dazwischen auch Inseln freilässt mit offenem Boden. Bestenfalls ist dies Boden aus lehmigem Sand oder sandigem Lehm. Hier können sich Wildbienen am besten hineingraben. Ihre Gänge legen sie meist in einer Tiefe bis vierzig Zentimeter an.
So helfen Steilwände, Trockenmauern und Totholz
Dort sollte man die Wildbienen dann nicht stören. Das heißt konkret: Den Boden nicht umgraben, nicht darübermähen und auch nicht in großen Mengen und nicht zu häufig gießen. „Es heißt aber nicht, dass man gar nichts tun sollte“, sagt Cornelis Hemmer. Ein bis zwei Mal im Jahr muss man nämlich auch die Flächen mähen bzw. von wuchernden Pflanzen befreien, die man ansonsten lieber in Ruhe bzw. den Wildbienen überlässt. Ansonsten würden sich Pflanzen wie Brennesseln oder Gräser hier festsetzen und wiederum den Zugang zu dem Rohboden verhindern.
Aber man kann auch aktiv etwas tun – quasi doch ein Bienenhaus per Bauanleitung bauen. Gemeint sind in diesem Fall das Anlegen von Steilwänden aus lehmigem Sand oder sandigem Lehm, die die Wildbienen für ihre Nester nutzen können. Steilwände eignen sich deshalb, weil sie selten komplett bewachsen sind. „Hier finden bodennistende Wildbienenarten relativ leicht eine freie, sich eignende Stelle, in die die Weibchen eine Niströhre für ihre Nachkommen anlegen können“, sagt Hemmer. Des Weiteren helfen auch Trockenmauern. Da sie ohne Mörtel gebaut werden verfügen Trockenmauern über tiefe Ritzen, Fugen und Hohlräume. Auch die nutzen manche Wildbienenarten als Nistraum. Weitere Tipps sind Haufen aus Totholz und Sandflächen, die den Wildbienen passende Strukturen für ihre Nistplätze bieten. Ausführliche Infos dazu gibt es hier.>>>
Großteil der Wildbienen braucht offenen Erdboden, Sandlinsen, Brachflächen
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Grundsätzlich sind es also viel mehr die passenden, natürlichen Strukturen, die es zu erhalten und manchmal eben wieder gezielt anzulegen gilt, wenn man Wildbienen fördern will. Umso vielfältiger sie sind, umso vielfältiger sind auch die Wildbienenarten, die dann einen Unterschlupf finden. Auch wenn das Thema des Insektensterbens vielen Menschen mittlerweile bekannt ist und auch dass es neben den Honigbienen auch unzählige Wildbienenarten hierzulande gibt, die sehr bedeutend sind für die natürlichen Kreisläufe, ist bei dem Thema immer noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.
So berichtet Cornelis Hemmer, dass die Honigbiene einst der Türöffner dafür war, dass sich die Gesellschaft angefangen hat, mehr mit Insekten zu beschäftigen. „Nun geht es aber auch darum zu zeigen, wie groß die Vielfalt ist und dass sie auch einen vielfältigen Schutz braucht“, sagt er. So gibt es in Deutschland über 550 verschiedene Wildbienenarten. Einigen von ihnen kann man mit Insektenhotels Nistmöglichkeiten bieten und vor allem kann man sie hier gut beobachten. Der Großteil der Wildbienen braucht aber offenen Erdboden, Sandlinsen, Brachflächen und vor allem möglichst ungestörten Lebensraum.
jtw
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