Der Mai ist vorüber, und er hat uns in diesem Jahr wieder vor große Herausforderungen gestellt. Wenn ich mich an die ersten Jahre meiner Imkertätigkeit zurückerinnere, war die größte Schwierigkeit für mich als Neuling, richtig abzuschätzen, was in einer unerwarteten, schwierigen Lage zu tun ist.
In diesem Frühjahr waren die unerwartet langen Kälteperioden eine Herausforderung. Die Völker, die im April bereits stark und im Brutraum korrekt auf die Brutwaben angepasst waren, konnten vielerorts bereits mehr als 20 bis 30 kg Honig eintragen. Dieser diente in der ersten Kälteperiode als überlebenswichtiges Futter. Natürlich lassen wir den Bienen diesen Honig. Hätten wir ihn entnommen, wäre ein Füttern unerlässlich gewesen.
Gefüttert werden mussten hingegen all diejenigen Bienenvölker, die in der Wärmephase im April noch nicht ausreichend entwickelt waren oder denen zu viel Platz im Brutraum gegeben wurde. Als dann die erste Wärmephase kam, gingen die Schwärme ab. Wie hätte man bei größeren Beständen auch in der Kälteperiode alles kontrollieren sollen? Die zweite Kältewelle brachte wieder Schwärme, und mich erreichten verzweifelte Anrufe, wie man denn diese Schwärme verhindern könne.
Schwärmen: Eine Gesundheitskur für Bienen
Es spricht nichts dagegen, dass Imker ihre Bienen schwärmen lassen, wenn sie diese anschließend wieder einfangen. Für Erwerbsimkereien bedeuten Schwärme jedoch zweifellos ein Problem. Schwärme sind gesund – durch die Brutunterbrechung und den Neubau des Wabenwerkes sanieren sich Bienenvölker selbst. Wer aber mehrere Bienenstände unterhält, kann nicht täglich an allen Ständen den Abgang der Schwärme kontrollieren.
Auch habe ich selbst erlebt, dass Hobbyimker mit viel Zeit, in der Schwarmzeit während der Mittagsstunden die Stände abfahren, um Schwärme zu „ernten“. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber es zeigt, dass eine Schwarmbetriebsweise unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht realisierbar ist.
Schwarmverhinderung: Schröpfen ist keine Option
In unserer mitteleuropäischen Imkertradition wird ein Bienenvolk relativ wenig manipuliert. Durch ein Schröpfen von Brutwaben im April glauben viele, den Schwarmtrieb zu dämpfen. Mit den – oftmals viel zu früh – geschröpften Brutwaben werden dann – ebenfalls viel zu früh – Brutwabenableger gebildet. Die zu dieser Zeit vorhandenen Drohnen sind zu einem derart frühen Zeitpunkt aber noch gar nicht geschlechtsreif. Zudem können die wechslehaften Wetterverhältnisse zu langen Wartezeiten vor den Begattungsflügen oder zu nicht ausreichenden Begattungen führen.
Eine Brutwabe schwärmt nicht ab
Was hat das Schröpfen für Folgen? Es verlangsamt die Entwicklung des Bienenvolkes. In einem Frühjahr wie diesem kann dies – wenn es schlecht läuft – bedeuten, dass die Entwicklung der Völker stark gebremst wird. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem viele Bienen benötigt werden, sind sie dann aber nicht vorhanden.
Wird der Schwarmtrieb durch die Entnahme von ein oder zwei Brutwaben (Deutschnormal oder Zander) gedämpft? Ich kann das mit meiner Erfahrung nicht bestätigen. Brutwaben schwärmen nicht ab, sie absorbieren im Gegenteil viel Energie, die zumeist in unseren Völkern Ende April vorhanden ist. Um ein Volk durch das Schröpfen von Brutwaben am Schwärmen zu hindern, müssen so viele Waben entnommen werden, dass die Entwicklungsdynamik des Volkes gebrochen wird.
Was löst den Schwarmtrieb aus?
Bis heute ist die Frage, was den Schwarmtrieb auslöst, nicht geklärt. Ein „Futtersaftstau“ ist es keinesfalls. Dies hatte bereits Ludwig Armbruster erkannt und ausführlich dargelegt. Weshalb in fast jedem Lehrbuch der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Futtersaftstau die Rede ist, kann ich daher nicht nachvollziehen. Ich habe einen solchen Stau noch nie beobachtet, und er erscheint mir auch äußerst unlogisch.
Ein Bienenvolk aktiviert die Organe, Drüsen und Mechanismen, die es für seine Entwicklung in der jeweiligen Phase benötigt. Physiologische Aktivität, die nicht erforderlich ist, findet auch nicht statt. Tatsache ist aber, dass die Einheit Bien zu Beginn der Vermehrungsphase eine Art „Überschuss“ hat, wie es Jürgen Tautz und Diedrich Steen in ihrem Buch „Die Honigfabrik“ beschreiben. Die dortigen Umwidmung des Begriffs des Futtersaftstaus erscheint mir geglückt, wenn auch noch nicht ausreichend präzise.
Bienenschwärme verhindern: Was können wir Imker tun?
Zunächst einmal müssen wir den Schwarmtrieb als natürliche Lebensäußerung des Bienenvolkes akzeptieren. Wann will sich ein Organismus fortpflanzen? Wenn er ein bestimmtes Alter hat. Und dieses Alter wird von der Königin bestimmt. Eine junge Königin schwärmt zehnmal seltener als eine zweijährige Königin. Bruder Adam hatte dies bereits ausgiebig untersucht und empfahl daher, junge Königinnen, die im vorherigen Herbst begattet wurden, im Mini Plus zu überwintern und im Frühjahr (März oder April) gegen die älteren in den Bienenvölkern auszutauschen. Dies ist der wirksamste Schutz gegen den Schwarmtrieb. Um dies tun zu können, müssen die Jungköniginnen aber in Begattungseinheiten gehalten und gepflegt werden.
Dieses Verhalten ist natürlich nicht nur bei Buckfast-Bienen anzutreffen. Es gilt auch für Carnica-Bienen. Der zweite wesentliche Faktor ist, dass die Bienenvölker langfristig einer scharfen Zuchtauslese hin zur Schwarmträgheit unterworfen werden müssen. Wird dies wirklich umgesetzt? Ich zweifle daran. Viele Imker sind doch froh, wenn sie überhaupt irgendeine Königin haben. Selbst von den Bienen mühsam aufgezogene Nachschaffungsköniginnen werden in den Völkern belassen. Diese Notköniginnen sind aber weder leistungsfähig noch in irgendeiner positiven Weise selektiert.
Ein angepasster Brutraum ist gemütlich
Ein weiterer Faktor ist das Anpassen des Brutraumes. Auch wenn der angepasste Brutraum allein nicht ausreicht, um den Schwarmtrieb vollständig zu unterdrücken, bleibt ein Bienenvolk doch eher stabil mit Pheromonen versorgt. Aufgrund der kompakt im Brutraum gehaltenen Pheromonversorgung bricht der Schwarmtrieb nicht so leicht aus.
Ein enger, der tatsächlichen Brut angepasster Brutraum wirkt tendenziell schwarmdämpfend. Ein großer Brutraum verführt das Volk aufgrund der vielen Pollenbretter viel stärker zum Schwärmen. Dabei muss man beachten, dass Carnica-Bienen den Kontakt zum Futter oder Honig nicht verlieren dürfen. Ein Kontaktverlust stresst sie so stark, dass dies ebenfalls den Scharmtrieb auslösen kann. Honigräume werden daher immer aufgesetzt, nie zwischengesetzt. Auch deshalb lösen Carnica-Völker die Pollen-Futterkränze selbst im angepassten Brutraum nicht völlig auf.
Unter Garantie: So geht kein Schwarm ab
Nun gibt es aber auch noch wirkungsvolle Methoden, die bei uns nur von Großbetrieben praktiziert werden. Um ein Volk am Abschwärmen zu hindern, kann der Imker auch die Königin entnehmen und stattdessen eine Zelle ins Volk einsetzen. Tut er dies Ende April oder Anfang Mai, wird er im selben Jahr keine Schwarmkontrolle mehr machen müssen. Wo keine Königin ist, da gibt es auch keinen Schwarm. Die Brut wird auslaufen.
Da wenig offene Brut vorhanden ist, richtet sich die ganze Energie aufs Honigsammeln. Die Blütenernte wird stattfinden können und nach dem überstandenen Knick in der Bienenpopulation Anfang Juni wird das Volk für die Spättracht bereit sein. Dies ist eine völlig andere Herangehensweise. Wir müssten unsere Betriebsweise möglicherweise erneut grundsätzlich überdenken. Was hindert uns daran?
Autor: Jürgen Binder
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TOP-THEMEN im Dezember-Heft
1. Vielfalt in Kasachstan
Unberührte Natur und Artenvielfalt – davon gibt es in Kasachstan reichlich. Der Entomologe Christian Schmid-Egger begab sich auf Erkundungstour in das zentralasiatische Land und berichtet.
2. Stockluft-Therapie
Das Inhalieren von Bienenstockluft hat sich zu einer alternativen Therapieform entwickelt. Imker und Heilpraktiker arbeiten dabei oft eng zusammen. Die kassenärztliche Anerkennung fehlt hierzulande allerdings noch. Ein Bericht aus der Anwendungspraxis.
3. Honigverfälschungen
Seit Oktober machen Enthüllungen über verfälschte Supermarkt-Honige Schlagzeilen. In einer eigens dazu angesetzten Diskussionsrunde auf der eurobee blieben hinsichtlich der angewandten Methode jedoch einige Fragen offen. Eine Zusammenfassung.
4. Futterkranzprobe
Pia Aumeier erklärt, wie sie ihre Bienenstände vor einer Infektion mit Amerikanischer Faulbrut schützt, indem sie regelmäßig Futterkranzproben nimmt. Ein Fahrplan für das Ziehen der Futterkranzprobe.
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