Der Mai ist der langersehnte Höhepunkt des Jahres. Genau genommen fiebern wir als Imkerinnen und Imker das ganze Jahr über diesem Monat entgegen, der uns Schwärme beschert und Honig bringt. Die lange Winterzeit ist vorbei, der schwierige April mit seinen Wetterrückschlägen und Gefahren überwunden – jetzt endlich sind unsere Bienen im Paradies.
Freilich gab es auch schon Jahre, in denen es den gesamten Mai lang regnete. Solche Wetterkapriolen bringen aber eher uns Imker in Bedrängnis als die Bienen. Haben sie genügend Futter oder Honig sowie einen kleinen Anteil an Pollen, brüten sie auch bei schlechtem Wetter weiter. Eine Verzögerung der Entwicklung in der Natur im April – und auch noch Anfang Mai – ist für uns in der Regel eher positiv. Die Bienen haben Zeit zu wachsen. Sie werden stärker und sind bei einer dann einsetzenden Wärmeperiode besser in der Lage, Honigüberschüsse einzutragen.
Wärme im angepassten Brutraum halten
Das Auswintern im angepassten Brutraum ist eine Möglichkeit, die Volksentwicklung zu beschleunigen. Geben wir, wie bereits beschrieben, dem Brutraum nur so viel Platz, wie er auch wirklich benötigt, und halten wir ihn gut warm – dann wird die Wärmeleistung der Bienen mehr Brut hervorbringen als in Beuten, die von Februar bis April viel zu groß sind. In nicht angepassten Beuten geht viel Energie verloren, was sich in einer Verringerung der Brutleistung niederschlägt.
Es können zwar keine Wunder erzielt werden, aber jeder, der die Anpassung mit Thermoschieden, geschlossenem Boden und gut isoliertem Deckel ausprobiert hat, wird über die großen, geschlossenen Brutflächen erstaunt sein – da wird anschließend keiner mehr die eventuell zuvor praktizierte großräumige Auswinterung weiterführen wollen.
Grundregel: Der Brutraum wird nicht mehr verändert
Die Gesamtleistung eines Bienenvolkes hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Während der gesamten Ernteperiode von Mitte April bis Mitte Juli – wir sehen hier einmal von den Spättrachten ab – wird der Brutraum nicht mehr verändert. Das heißt, er wird so belassen, wie wir ihn beim Aufsetzen des ersten Honigraums gebildet haben. Das ist die Grundregel.
Das Manipulieren im Brutraum während der Erntesaison ist hingegen eine Unsitte. Im Brutraum gibt es nichts zu manipulieren, zu drehen, umzuhängen, eventuell sogar „nach oben über das Absperrgitter zu hängen“, reinzunehmen und wieder rauszunehmen. Der Brutraum ist das wichtigste Lebensorgan des Bienenvolkes. Dieses wird möglichst nicht angetastet.
Was tun bei Wildbau hinter dem Schied?
Nun kann es sein, dass hinter den Schieden Wildbau entsteht. Ist dies der Fall, muss man zunächst überprüfen, ob das Schied richtig konstruiert ist. Beim Schied handelt es sich um ein mit Dämmstoff gefülltes Rähmchen, man kann auch ein Sperrholzbrettchen nehmen. Seine Außenmasse entsprechen denen eines Rähmchens. Dieses Schied muss flächig sein, ohne dass zum Beispiel beim Oberträger mehrere Millimeter Überstand sind. An diesem Überstand wird sonst Wildbau entstehen, das Schied ist falsch konstruiert.
Honigraum nicht zu spät geben
Wildbau entsteht aber auch, wenn der Honigraum zu spät aufgesetzt wird. Bedenken wir: Nektar benötigt Fläche, um abgelagert zu werden. Zunächst hat er einen Wassergehalt von 80 Prozent, der dann im Laufe der Nacht und in den folgenden Tagen auf 18 Prozent reduziert wird. Man muss also im Honigraum sehr viel mehr Raum geben, damit die Bienen den Nektar ablagern können, als nachher für den Honig benötigt wird. Bekommt das Volk Platznot, nutzt es den Raum hinter dem Schied oder den Schieden, um Waben zu bauen. Dort findet sich dann gewöhnlich Drohnenbau, der auch bebrütet wird.
Daraus folgt die notwendige Maßnahme: Wir geben einen Drohnenrahmen. Ist das Volk noch nicht voll entwickelt, können wir auch – entgegen der oben formulierten Regel – zunächst eine Mittelwand an den Rand des Brutnestes hängen. Vor allem junge Königinnen können Ende April und in der ersten Maihälfte mehr als 2.000 Eier am Tag legen. Diese Zahl ist aber nur ein Orientierungswert.
Ich möchte zusammenfassen: Entsteht Wildbau hinter dem Schied, obwohl dieses korrekt konstruiert ist und die Honigräume rechtzeitig aufgesetzt wurden, kann man Wildbau durch die Gabe eines Drohnenrahmens oder einer Mittelwand (oder beidem) eindämmen. Dies ist dann sinnvoll, wenn die Königin mehr als 2.000 Eier legen will. Dies erkennt man daran, dass alle Zellen im Brutraum mit Brut belegt sind. In diesem Fall sollte man den Brutraum erweitern, auch wenn Tracht herrscht.
Schwarmstimmung im angepassten Brutraum
Sollte Schwarmstimmung auftreten, befindet sich meist zu viel Pollen im Brutraum. Dann empfiehlt es sich, die Wabe mit dem meisten Pollen zu entnehmen. Ich gebe normalerweise für die entnommene Wabe keine neue in den Brutraum. Erscheint mir die Königin legewillig, hänge ich eine Mittelwand ein. Aber aufgepasst: Entstehen im angepassten Brutraum Pollenbretter, ist die Königin nicht optimal legestark.
Andernfalls würden die Pollenbretter ausgeräumt und die Fläche bebrütet werden. Daher ist das Einhängen einer Mittelwand nur dann sinnvoll, wenn die Königin ihre volle Legeleistung noch nicht entfaltet hat oder entfalten konnte. Eine zum jetzigen Zeitpunkt (Mai) in den Brutraum gehängte Mittelwand wird stets komplett, also zu 100 Prozent, bebrütet. Hängt man eine neue Wabe ein, können erneut Pollenflächen entstehen. Daher ist dies im Mai nicht zu empfehlen.
Ablegerbildung im Mai
Brutwabenableger werden nicht erstellt, denn dafür müsste man den Völkern Brutwaben entnehmen. Brutwaben entnehmen wir nur, wenn wir unseren Bestand vergrößern wollen. Aber die Entnahme von Brutwaben ist sehr riskant. Meistens geht dies auf Kosten des Honigertrags.
Sinnvoller und bienengemäßer ist ohnehin das Erstellen neuer Völker mit Bienen und legender Königin. So macht es auch die Natur. Neuvölker sollte man daher über das Schwarmverhalten bilden – und zwar ohne Brutwaben. Oder haben Sie schon einmal eine Brutwabe abschwärmen sehen?
Wenn wir uns von der Jungvolkbildung über Brutwaben abwenden, wird auch der Varroadruck in den Völkern im Herbst geringer. Um dies zu erreichen, sollten wir wieder mehr auf die Tricks schauen, die die Bienen im Laufe ihrer Jahrtausende langen Evolution entwickelt haben. Ein Volk hält sich durch den Schwarmtrieb gesund. Diesen können wir durch Kunstschwarmableger imitieren. Wie das funktioniert, zeige ich im nächsten Monat.
Autor: Jürgen Binder
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TOP-THEMEN im Dezember-Heft
1. Vielfalt in Kasachstan
Unberührte Natur und Artenvielfalt – davon gibt es in Kasachstan reichlich. Der Entomologe Christian Schmid-Egger begab sich auf Erkundungstour in das zentralasiatische Land und berichtet.
2. Stockluft-Therapie
Das Inhalieren von Bienenstockluft hat sich zu einer alternativen Therapieform entwickelt. Imker und Heilpraktiker arbeiten dabei oft eng zusammen. Die kassenärztliche Anerkennung fehlt hierzulande allerdings noch. Ein Bericht aus der Anwendungspraxis.
3. Honigverfälschungen
Seit Oktober machen Enthüllungen über verfälschte Supermarkt-Honige Schlagzeilen. In einer eigens dazu angesetzten Diskussionsrunde auf der eurobee blieben hinsichtlich der angewandten Methode jedoch einige Fragen offen. Eine Zusammenfassung.
4. Futterkranzprobe
Pia Aumeier erklärt, wie sie ihre Bienenstände vor einer Infektion mit Amerikanischer Faulbrut schützt, indem sie regelmäßig Futterkranzproben nimmt. Ein Fahrplan für das Ziehen der Futterkranzprobe.
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