Unter Lindenbäumen kann sich im Sommer ein trauriges Bild ergeben, wenn dort zahlreiche tote Hummeln liegen. Die Ursache für dieses Phänomen blieb lange unbekannt. Heute kennt man den Grund.
Die Zahl von toten Hummeln unter Linden kann im Sommer beträchtlich sein: Forscherinnen und Forscher aus Münster zählten im Sommer 1990 etwa 200 tote Hummeln pro Tag und Baum. Allerdings lässt sich das Phänomen des Hummelsterbens nur unter zwei Lindenarten beobachten, unter der Silberlinde (Tilia tomentosa) am häufigsten, an der Krimlinde (Tilia x euchlora) etwas seltener. Unter der Sommerlinde (Tilia plataphyllos), der Winterlinde (Tilia cordata) und der Holländischen Linde (Tilia x europaea) finden sich dagegen keine toten Hummeln.
Mannose: Gefährlich für Bienen und Hummeln, aber keine Ursache für Hummelsterben
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Das Phänomen ist seit Jahrzehnten bekannt, nur die Ursache blieb lange unklar. In den 70er-Jahren ging man davon aus, dass Mannose im Nektar der Silberlinde enthalten sein könnte. Diese Zuckerart ist für Hummeln und Bienen unverdaulich und führt zu Lähmung und Tod. Die Vermutung, Lindennektar enthalte Mannose, stützte sich auf einen Versuch, bei dem acht Hummeln mit sieben Blüten der Silberlinde eingesperrt wurden. Binnen zwölf Stunden starben die Hummeln. Später stellte sich heraus: Nicht die Mannose war verantwortlich für den Tod, sondern das fehlende Nahrungsangebot. Sieben Blüten für acht Hummeln – das war zu wenig Futter; die Hummeln verhungerten. Weitere Analysen ergaben: Mannose ist weder im Nektar der Krim- und Silberlinde noch im Nektar von Sommer- und Winterlinde enthalten. Die Mannose-Behauptung stellte sich als falsch heraus.
Tote Hummeln unter Linden: Natürlicher Tod?
Die Silber- und Krimlinde blühen im Vergleich zur Sommer- und Winterlinde spät, nämlich Ende Juli. Zu dieser Zeit haben Hummelvölker in der Regel mit bis zu 600 Individuen ihre maximale Volksstärke erreicht. Die Jungköniginnen schlüpfen, paaren sich mit den Drohnen und bereiten sich auf die Überwinterung vor. Die alte Königin hat ausgedient. Es kommen keine neuen Arbeiterinnen mehr nach. Demnach könnte es sich bei den toten Hummeln auch um Sammlerinnen handeln, die an Altersschwäche sterben.
Dagegen spricht eine Untersuchung von 4.116 toten Hummeln, die man unter Silberlinden aufsammelte. Hiervon stufte man lediglich sechs Prozent (etwa 247 Tiere) als „alt“ ein. Auch Fraßfeinde wie Kohlmeisen und Wespen können nicht für den Tod dieser Masse an Hummeln verantwortlich sein. Diese bedienen sich eher an bereits geschwächten oder toten Tieren.
Annahme: Fehlendes Blühangebot – Tod durch Erschöpfung und Verhungern
Das Nektar- und Pollenangebot nimmt ab Juli stetig ab. Blütenbesuchende Insekten finden immer weniger Pflanzen, an denen sie sammeln können. Hummeln haben aufgrund ihrer Volksstärke zu dieser Zeit einen erhöhten Bedarf an Futter. In ihren Nestern lagern sie kaum Nahrung. Sie fliegen auf Silber- und Krimlinde und konkurrieren dort um den verbliebenen Nektar. Letztlich verbrauchen sie bei ihrer Nektarsuche mehr Energie als sie aufnehmen können, werden geschwächt und verhungern.
Warum trifft es Hummeln häufiger als Honigbienen?
Man nimmt an, dass 75 % der toten Insekten unter Linden Hummeln sind, insbesondere die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris). Erdhummeln sind – wie auch andere Hummelarten – blütenstet und stellen sich schlechter als Honigbienen auf neue Trachtpflanzen ein. Honigbienen können außerdem auf einen Futtervorrat in ihrem Volk zurückgreifen, Hummeln nicht.
Hummelsterben unter Linden: Weitere Forschungsarbeit notwendig
Dass Hummeln vermehrt an Lindenbäumen versterben, weil sie dort verhungern, ist momentan die plausibelste Erklärung. Eine Forschergruppe aus England beschrieb im Jahr 2017 weitere Ansätze, die das Phänomen erklären könnten. Sie schreiben, dass Hummeln vom Duft der Linde angezogen werden könnten, was dazu führte, dass sie dort verbleiben, auch wenn kein Nektar mehr vorhanden ist. Eine andere Vermutung ist, dass Koffein im Nektar der Silberlinde die Insekten an den Baum binden könnte, sodass sie sich nach keinen alternativen Futterpflanzen umschauen.
Hummelsterben verhindern: Was kann ich tun?
Im Spätsommer sollten Insekten genügend Blühpflanzen bereitgestellt werden, zum Beispiel Lavendel, Malven, Stockrosen, Sonnenhut-Arten, Bartblumen, Büchelschön, Efeu, Heidekraut, verschiedene Kleearten, Taubnessel, Wasserdost oder Kugeldisteln.
Weniger hilfreich ist das Füttern der Hummeln mit Zuckerwasser. Es ist wahrscheinlich, dass sie nach der Stärkung zurück in die Linde fliegen und das Spiel von Neuem beginnt.
Wie unterscheiden sich die verschiedenen Lindenarten voneinander? Lesen Sie hier nach>>>
arn
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