Späte Trachten: Chance oder Katastrophe?

15. August 2024

Was tun, wenn die Bienen im Herbst noch große Mengen Nektar
eintragen? Was blüht dann noch und schaden späte Trachten den Bienen?

Es geschah im August vor einigen Jahren: Die letzte Tracht (hauptsächlich Linde) hatten wir Ende Juli abgeschleudert. Ich hatte die Schleuder gründlich geputzt und verpackt; der Honig harrte in Eimern auf seine Pflege. Die Zargen mit den honigfeuchten Waben standen auf den Völkern zum Auslecken. Demnächst sollte die Ameisensäurebehandlung einsetzen, das Flüssigfutter stand bereit. Ich war froh: Bald würde alles erledigt sein.

Jetzt das Bienen-Journal lesen

DBJ Ausgabe 12/2024

Aktuelle Ausgabe

Mein Mann ging in den Imkergarten, um die sauberen Honigzargen abzunehmen, und kam ganz aufgeregt nach Hause: „In den Waben ist schon wieder viel Honig drin. Es nützt alles nichts, wir werden wohl noch einmal schleudern müssen.“ Ich war erst einmal bedient, aber der dunkle, würzige Honig, den wir dann noch ernten konnten – wir vermuten, es war hauptsächlich Blatthonig – entschädigte uns.

Imkerkollegen berichteten von ergiebigen Efeutrachten an Friedhofs- oder Burgmauern im September. Sie wussten natürlich vorher Bescheid, stellten sich auf die späte Tracht ein, schleuderten den willkommenen Honig und fütterten danach ein.

Blüten im Herbst? Schaden sie den Bienen?

Was aber, wenn die Bienen bei fast noch sommerlichen Temperaturen im Oktober/November weiter ausfliegen können und die – in manchen Gegenden zahlreichen – Äcker nutzen, auf denen Landwirte Zwischenfrüchte angebaut haben?

Bienenweide im August: Weißer Senf
Auf Senfhonig sollten
die Völker eher nicht überwintern — der
Traubenzuckeranteil ist zu hoch — Kristallisationsgefahr.
Foto: Sabine Rübensaat

Violette Phaceliafelder, gelb blühende Senfäcker oder Flächen, auf denen Blühmischungen ausgebracht wurden, stehen manchmal bis zum Frost zur Verfügung. Die Landwirte wollen damit die Bodenfruchtbarkeit
verbessern. Die Pflanzen schützen die Böden vor Austrocknung und Winderosion und verbessern die Bodenstruktur.

Diese landwirtschaftliche Praxis des Zwischenfruchtanbaus ist eigentlich gut und sollte auch den Bienen Vorteile bringen. Aber viele Bienenhalter sind darüber nicht glücklich. Wenn für den Imker die „normale“ Trachtzeit schon im Juli zu Ende geht, behandelt er seine Völker meist mit Ameisensäure gegen die Varroa und füttert danach ein. Schleudert er danach aus einer nun noch folgenden Spättracht Honig, wäre dieser nicht mehr verkehrsfähig.

Das zweite Problem: Die dem Klimawandel geschuldeten sommerlichen Temperaturen können die Bienen noch einmal verstärkt zum Brüten anregen. Damit wird jedoch auch die Varroavermehrung von Neuem angekurbelt. Zugleich verbrauchen die Völker einiges an Futter, sodass der Wintervorrat knapp werden könnte. Wenn die Bienen dann traubenzuckerhaltigen Nektar wie von Efeu, Ölrettich oder Gelbsenf sammeln, kann dieser in den Waben kristallisieren. Zum Auflösen brauchen die Bienen Wasser, das sie im Winter nicht in den Stock holen können. So könnte es passieren, dass sie auf den vollen Waben verhungern.

Bienenweide im Juli: Buchweizen
Buchweizenhonig hat einen
hohen Mineralstoffanteil, das kann in langen
Wintern Probleme geben. Foto: Sabine Rübensaat

Späte Trachten: Wann ist es zu spät?

Der Anbau von Zwischenfrüchten ist aus gesamtökologischer Sicht unbedingt zu befürworten. Zu spät – das heißt: bis in den November hinein – blühende Zwischenfrüchte bergen jedoch ein gewisses Gefahrenpotenzial für die Bienen. Diese Pflanzen blühen zu einem Zeitpunkt, der eigentlich nicht ihrer natürlichen Entwicklung entspricht, und können die Bienen auf diese Weise in ihrem auf die Jahreszeiten abgestimmten Entwicklungsrhythmus stören.

Ob solche Trachten eher nutzen oder schaden, hängt daher vom Blühzeitpunkt ab. Früh angebaute Zwischenfrüchte, die wie Phacelia rasch in Blüte gehen, blühen meist im September und können damit die Entwicklung der Völker noch positiv beeinflussen, wenn sich der Imker darauf einstellen kann. Manche Imker wandern sogar noch gezielt in diese Trachten, um eine besondere Honigsorte ernten zu können.

Wichtig bleibt auch hier das offene Gespräch zwischen Imker und Landwirt, denn: Was ich nicht rechtzeitig weiß, kann ich weder nutzen noch vermeiden.

Xandia Stampe

Bienenweide im September: Büschelschön
Phaceliahonig soll gut für die Überwinterung geeignet sein. Foto: Xandia Stampe

Abonnieren Sie unseren Newsletter!

Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem aktuellen Stand.

Gratis Checkliste

In unserer Checkliste zum Herunterladen erfahren Sie, was aktuell zu beachten und tun ist, übersichtlich und strukturiert gefüllt mit Fachinformationen und -hintergründe.

Fachinformationen

Mit dem Bienen-Journal bleiben Sie immer auf dem neusten Stand. Auch Imker mit langjähriger Berufserfahrung kommen auf Ihre Kosten.

Grundlagen

Wichtig für uns ist es, neben den Fachinformationen, Grundlagen zu vermitteln, die für die Imkerei von essenzieller Bedeutung sind.

Abonnieren →