Berufsimker Ralf Sester hat schon unzählig viele Schwärme eingefangen – fremde wie eigene. „Auch bei den besten Imkern geht mal ein Schwarm ab“, sagt er. Das dürfe aber nicht die Regel werden. Kniffe, um Schwärme zu verhindern, stellt er hier vor.
Schwärme verhindern – warum?
Wer keine Schwärme verhindert, hat oft Pech: Nicht nur, weil dadurch der Honigertrag flöten geht. Wenn sich der Schwarm nicht gerade in den nächsten Busch verirrt hat, war’s das mit dem Einfangen.
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Nisthöhlen in Bäumen sind selten geworden. Wenn die Bienen dort keinen Unterschlupf finden, dann in Fassaden und Zwischenräumen. Bleiben die „Wilden“ unentdeckt, sind sie Dreh- und Angelpunkt für Bienenkrankheiten. Infiziert sich ein Volk beispielsweise mit Amerikanischer Faulbrut (AFB), bleibt es über Jahre ein Seuchenherd für andere Völker. Sporen Amerikanischer Faulbrut sind nahezu ewig haltbar und ansteckungsfähig!
Deshalb heißt es: Schwärme verhindern, so gut es geht. Wenn euch doch mal einer abgehen sollte: Macht euch keinen Kopf. Das passiert jedem.
Schwärme verhindern – Schwarmlust erkennen
Drohnenrahmen als Anhaltspunkt: Sobald die Schwarmzeit beginnt, hänge ich den Drohnenrahmen in die Bienenvölker. Daran lässt sich die Schwarmstimmung gut ablesen. Bauen die Bienen den Drohnenrahmen harmonisch aus, oder gibt es mehrere Zungen? Zungen deuten immer auf Schwarmstimmung hin! Ich schneide den Drohnenrahmen regelmäßig, um das zu beobachten (egal, ob die Brut bereit verdeckelt ist oder nicht).
(An welche Stelle man den Drohnenrahmen setzt und warum ich ihn nur selten schneide, seht ihr in diesem Video>>>)
Kippkontrolle als Schwarmbarometer: Wenn ihr viele Bienenvölker besitzt, könnt ihr die Kippkontrolle (bei zweiräumiger Betriebsweise) nutzen, um abschätzen zu können, welche Völker genauer durchgeschaut werden müssen. Die Kippkontrolle geht schnell, gibt aber keine echte Sicherheit. Nicht immer erkennt man alle Schwarmzellen.
Zur Kippkontrolle kippt ihr den oberen Brutraum, gebt ein wenig Rauch und seht so Spielnäpfchen und bestiftete Weiselzellen, die sich an der Wabenunterseite befinden. Wenn letzteres zutrifft, müsst ihr das Volk, wie unten beschrieben, genauer durchsehen.
Wenn man sich die Kippkontrolle zutraut, ist das eine gute Sache. Mein Rücken gibt das leider nicht her – ich konzentriere mich lieber auf das komplette Wabenziehen.
Schwarmstimmung im Griff halten
Es gibt drei Hebel, die ihr ziehen könnt, um die Schwarmstimmung im Griff zu halten: Das Erweitern der Beute, die Genetik der Bienen sowie die Betriebsweise.
- Durch die Kiste: Wer keinen Platz hat, will Schwärmen. Wenn das Wetter und die Tracht im Frühjahr mitspielen, erstarkt das Bienenvolk schnell. Für den Nektareintrag muss den Bienen in Trachtzeiten genügend Raum gegeben werden. Fehlt dieser, sind viele Arbeiterinnen arbeitslos. Das Volk muss sich gezwungenermaßen teilen. Wenn der zuletzt gegebene Honigraum zu etwa einem Drittel gefüllt ist, setze ich deshalb den nächsten auf. Sind die Honigwaben schon verdeckelt, kommt der neue Honigraum bei mir direkt über den Brutraum. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Bienen ungern über verdeckelte Honigwaben hinweg gehen, um zum leeren Honigraum zu gelangen. Für das Aufsetzen des Honigraums über den oder die vollen Honigräume gibt es aber auch gute Argumente (s. dbj 5/2021, S. 70).
- Durch die Genetik: Um die Schwarmstimmung im Griff zu halten, setze ich vor allem auf Bienen mit guter Genetik. Ich denke sogar, das ist der wichtigste Hebel, den man bei der Schwarmvorbeugung ziehen kann. Das heißt für mich, dass die Bienen auf Schwarmträgheit gezüchtet worden sein müssen. Wichtig ist, wie die Bienen den Honig stapeln: Bienen, die den Honig gut in den Honigraum tragen, wollen wesentlich seltener schwärmen.
Die Rasse spielt dabei keine Rolle. Superbienen gibt es bei Carnica, Buckfast, Ligustica und Dunkler Biene gleichermaßen. Mir geht es beim Imkern in erster Linie um den Honigertrag: Ich brauche schwarmunlustige Bienen, damit kein Honig verlorengeht. Imkerinnen und Imker, denen nicht viel an einer fetten Honigernte liegt, können auch gut mit einer Wald- und Wiesenbiene arbeiten.
- Durch Brechen von Schwarmzellen: Ich kontrolliere meine Völker zur Schwarmzeit – wenn es nötig ist – im Abstand von sieben Tagen und untersuche sie auf Spielnäpfchen und bestiftete Schwarmzellen.
Brechen von Schwarmzellen – so gehe ich dabei vor:
- Deckel entfernen. Honigraum oder -räume abnehmen. Bei zweiräumiger Betriebsweise auch den oberen Brutraum wegnehmen und auf den Deckel stellen.
- Kräftig Dampf geben, Smoker wegstellen.
- Bei einräumiger Betriebsweise Schied wegschieben. Randwabe einmal kräftig schütteln, bis die meisten Bienen runter sind. Penibel schauen: Ist irgendwo ein Spielnäpfchen, bestiftete Weiselzelle oder verdeckelte Weiselzelle zu erkennen? Nein? Dann geht’s weiter.
- Rähmchen für Rähmchen durchgehen: Herausnehmen, schütteln, suchen.
- Erste bestiftete Weiselzelle gefunden? STOP. Rähmchen zur Seite stellen. Zelle NICHT brechen.
- Weitere Rähmchen durchschauen. Ggf. bei zweiräumiger Betriebsweise zweiten Brutraum aufstellen und dort weitermachen. Noch mehr bestiftete Weiselzellen und Spielnäpfchen gefunden? STOP. Alle brechen.
- Gleichzeitig Königin suchen. Ist sie da? DANN kann auch die Weiselzelle der Wabe, die an die Seite gestellt wurde, gebrochen werden.
Durch das Brechen der Spielnäpfchen und bestifteten Schwarmzellen gebe ich dem Schwarmtrieb einen Dämpfer. Hier kommt es wieder auf die Genetik der Bienen an: Geben sie mit ihrer Schwarmlust auf, wenn ich die Zellen zweimal gebrochen habe? Oder juckt es sie auch dann nicht – und sie bauen weiter fleißig Weiselzellen? Für letztere gilt: Schwarmlustige Bienen sind oft nicht aufzuhalten.
Schwarmlustige Bienen sind oft nicht aufzuhalten
Ich vergleiche schwarmlustige Bienen gern mit Jugendlichem im Schullandheim: Stellt euch vor, ihr müsst als Lehrerin oder Lehrer nachts die pubertierenden Schülerinnen und Schüler auseinanderhalten. Ihr schiebt Nachtwache, seid aufmerksam – doch trotzdem schafft es ein Junge, sich hinüber zu den Mädchen zu schleichen.
Genauso ist es bei den Bienen: Sie können und werden euch immer wieder austricksen – dort Schwarmzellen anlegen, wo ihr sie nie vermutet hattet. Deshalb ist die penible Durchsicht der Völker auf Weiselzellen so wichtig.
Zweimal Weiselzellen gebrochen – was nun?
Wenn die Bienen auch nach zweimaligem Zellenbrechen noch schwärmen wollen, müssen weitere Notmaßnahmen ergriffen werden, um dem Schwarmtrieb Herr zu werden. Ich möchte an dieser Stelle die Brutdistanzierung sowie das Ent- und Beweiseln der Völker vorstellen.
Brutdistanzierung
Bei der Brutdistanzierung gehe ich wie folgt vor:
- Honigraum oder -räume und Brutraum (bei einräumiger Betriebsweise) abnehmen und zur Seite stellen.
- Auf den alten Boden kommt eine neue Zarge mit einer Brutwabe aus dem alten Brutraum. Die alte Königin wird ebenfalls in die neue Zarge gesetzt. Mit Mittelwänden ausgestattete Rähmchen kommen hinzu.
- Über den neuen Brutraum kommt ein Absperrgitter, darüber ein Honigraum.
- Über den Honigraum kommt ein bienenundurchlässiges Gitter.
- In eine andere Zarge habe ich mit einem 15-er-Bohrer ein Loch gebohrt und eine Fluglochrosette angebracht. In diese Zarge kommt das Restvolk. Hier werden alle bis auf eine bestiftete Weiselzelle gebrochen.
- Das Restvolk kommt über den Honigraum.
- Die Flugbienen aus dem oberen Brutraum fliegen in den unteren Brutraum.
- Oben wird die neue Königin herangezogen. Nach ihrem Schlupf dauert es etwa eine Woche, bis sie begattet ist und ein neues Brutnest anlegt.
- Danach gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, der Brutraum mit der neuen Königin kommt als Ableger an einen neuen Stand. Oder die alte Königin wird abgedrückt und das Volk wieder vereinigt.
Vorteil der Methode:
- wenn das Volk vereinigt wird, muss kein Volk verstellt werden
- über drei bis vier Wochen keine Schwarmkontrolle nötig
- kein Honigverlust
Nachteil der Methode:
- Volk mit gleicher Genetik geschaffen: schlecht, wenn man vorher nicht zufrieden mit der Leistung des Volkes war (man kann aber auch Zuchtstoff anbieten, bzw. eine schlupfreife Edelzelle stecken!)
- kein Zeitfenster zur Varroabehandlung vorhanden.
Entweiseln und nach Abklingen der Schwarmlust neu beweiseln
Das Entweiseln und Beweiseln von Völkern mache ich in der Regel dort, wo ich mit der Leistung der Königin nicht zufrieden bin. So gehe ich vor:
- Alte Königin abdrücken. Alle Weiselzellen außer eine junge bestiftete Weiselzelle brechen.
- Annahme: Die bestiftete Weiselzelle ist in drei Tagen verdeckelt, dann dauert es noch acht Tage bis zum Schlupf.
- In einem Zeitfenster von etwa einer Woche besorge ich beim Züchter oder Züchterin eine schlupfreife Weiselzelle.
- Im Volk werden alle Weiselzellen gebrochen. Die schlupfreife Weiselzelle wird mit Ausfressschutz in das Volk gesetzt.
- Nach maximal acht Tagen ist sie geschlüpft, nach etwa einer Woche begattet.
Vorteil
- neue Königin vom Züchter mit guter Genetik
- Schwarmtrieb gut gedämmt
Nachteil
- Züchterin/Züchter in der Nähe muss schlupfreife Weiselzelle haben
- kein Fenster zur Varroabehandlung
Wenn ich diese Möglichkeiten wähle, dann, weil meine Betriebsweise auf maximalen Honigertrag ausgelegt ist. Es gibt aber auch noch andere Methoden, die ihr ergreifen könnt, um Schwärme zu verhindern, z.B. das Bilden von Brutling/Flugling, Königinnenableger oder die Schwarmvorwegnahme.
Ralf Sester
Schwärme verhindern: Hier gibt es das Video dazu>>>
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