Honigbienen und Wildbienen leiden unter der abnehmenden Artenvielfalt, der zunehmenden Bodenversiegelung, der schwindenden naturbelassenen Flächen und der intensiven Nutzung von Pflanzenschutzmitteln. Angesichts dieser Probleme sei die kritisierte Nahrungskonkurrenz der beiden Mitglieder der Apidae-Familie ein konstruierter Konflikt. Ein Imkermeister fasst die aktuelle Diskussion zusammen und zeigt, dass Imkernde und Wildbienenfreunde eigentlich die gleichen Ziele haben.
Honigbienen und Wildbienen haben dieselbe Nahrungsgrundlage: Sie brauchen eine vielfältige Natur, eine insektenfreundliche Landschaft, gesunde Böden, blühende Wiesen und eine möglichst wenig intensive Landwirtschaft um sich herum. Diese bienenfreundlichen Bedingungen zu erhalten, ist auch das Anliegen von Imkerinnen und Imkern. Doch Honigbienen und Wildbienen werden derzeit oftmals als Nahrungskonkurrentinnen beschrieben. Dazu wird Imkernden nachgesagt, dass sie dazu beitragen, den Wildbienen ihre Lebensgrundlagen zu rauben, sodass diese weniger Nahrung sowie Nistplätze finden. Gegen dieses wenig hilfreiche gegeneinander Ausspielen wehrt sich nun der Vizepräsident des Österreichischen Erwerbsimkerbundes a.D. in einem öffentlichen Gastkommentar.
Honigbienen und Wildbienen leiden beide, wenn die Artenvielfalt verschwindet
Auf der Website des österreichischen Portals derstandard.at fasst Imkermeister Ernst Brandl zusammen, was viele Imkerinnen und Imker derzeit beschäftigt. Denn vielfach werden sie in der letzten Zeit mit dem Vorwurf konfrontiert, dass ihre Honigbienen mit dafür verantwortlich für das Verschwinden von Wildbienenarten seien. Ernst Brandl bringt diesem Vorwurf Argumente entgegen. Er stellt klar, dass die Bedrohung für alle Insekten viel stärker vom Menschen und der von ihm veränderten und beeinflussten Umgebung ausgeht.
Jetzt das Bienen-Journal lesen
Dabei dementiert Brandl keineswegs, dass der Rückgang der Wildbienenpopulationen und der Biodiversität in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch ist. Gründe dafür müsse man aber vielmehr im zunehmenden Einsatz von Pestiziden, der Beseitigung von Grün- und Heckenstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen und in der zunehmenden Bodenversiegelung suchen. Stattdessen Honigbienen und den Imkernden die Hauptverantwortung aufzulasten, wäre falsch und führe von den eigentlichen Problemen weg. So schreibt der Imkermeister auch, dass bisher niemand einen Beweis dafür erbringen konnte, dass Honigbienen für den Niedergang ihrer wilden Verwandtschaft kausal sind.
Mittlerweile gibt es zwar verschiedenste Studien zu diesem Thema, doch noch keine wissenschaftliche Einigkeit. Zwar könne Nahrungskonkurrenz wohl durchaus entstehen – allerdings vorrangig dort, wo insgesamt eine Nahrungsknappheit für Insekten herrsche. Spezialisten – wie es viele Wildbienenarten sind – haben dann manches Mal schlechtere Chancen als Generalisten wie Honigbienen.
Honigbienen und Wildbienen brauchen gesunde Lebensräume
Besonders wichtig ist und bleibt deshalb, das Nahrungsangebot für Insekten insgesamt zu verbessern. Hier wiederum liegt das Interesse sowohl der Imkerinnen und Imker als auch der Wildbienenfreundinnen und -freunde. Mit den Worten Ernst Brandls ist das Interesse „deckungsgleich“. Beide Gruppen sollten einsehen, dass sie sich für die gleichen Ziele einsetzen: für gesündere Lebensräume, die insektenfreundliche Umgestaltung der Landschaft sowie den Erhalt der Biodiversität.
„Der konstruierte Konflikt zwischen Wild- und Honigbienen mag vielleicht Aufmerksamkeit erregen. Er ist aber nicht mehr als eine Ablenkung von den tatsächlichen ökologischen Herausforderungen und den übermächtigen Gegnerinnen und Gegnern der Biodiversität“, beendet der Imkermeister seinen lesenswerten Kommentar. Der ehemalige Vize des Erwerbsimkerbundes in Österreich betreibt heute ein Biodiversitätsprojekt. Informationen dazu findet man unter www.mielo.eu.
jtw
Abonnieren Sie unseren Newsletter!
Mit unserem Newsletter sind Sie immer auf dem aktuellen Stand.