Alfred Emmerer – Fast neun Jahrzehnte für die Bienen

Alfred Emmerer war mit 87 Jahren als aktiver Bienenzüchter vermutlich der dienstälteste Imker in Deutschland. Im November 2023 ist er verstorben. Im Jahr 2020 hat das dbj mit ihm gesprochen. Ein Interview, das ein Imkerleben zeigt.

Alfred Emmerer begann in den 1930er-Jahren mit der Imkerei, als er sein erstes Bienenvolk von einem jüdischen Kurzwarenhändler erhielt, der vor den Nationalsozialisten nach Palästina floh. 1940 wurde er Mitglied im Imkerverein Miesbach, der damals „Reichsfachgruppe Imker“ hieß. Gemeinsam mit seinem Vater, der als politisch Verfolgter im KZ Dachau war, arbeitete er sich nach dessen Entlassung in die Imkerei ein. Bereits als 14jähriger begann Emmerer mit der Bienenzucht. Dabei lernte er Guido Sklenar persönlich kennen. Mit 16 Jahren kam er an die Front, wurde in Polen angeschossen und verlor fast ein Bein. Zurück in Bayern, nutzte Emmerer die Imkerei, um sein Studium zu finanzieren, baute ein Bienenhaus und nutzte eine Betriebsweise mit Trogbeuten, der er sein Leben lang treu blieb.

In der Januarausgabe des Deutschen Bienen-Journals erscheint ein Nachruf auf diese beeindruckende Imker-Persönlichkeit. Aus Anlass seines Todes veröffentlichen wir das Interview, das wir im Juni 2020 mit ihm führten und in dem Emmerer uns aus seinem bewegten Imkerleben erzählte. Sein damaliges Fazit: Manche Imkermethoden sind heute anders, die Themen, die Imker bewegen, sind aber immer noch dieselben wie in den 1930er-Jahren. Im November verstarb Emmerer 97jährig in seiner Heimatstadt Bad Wiessee. Bis zum Schluss betreute er zwei Bienenvölker in seinem Garten. 

 „Vieles hat sich nicht verändert“

Im Juni 2020 gab uns Alfred Emmerer einen Einblick in sein langes Imkerleben. Ein Rückblick auf damals schon 84 Jahre Imkerei — und ein Stück Zeitgeschichte.

Guten Tag, Herr Emmerer! Sie sind 94 Jahre alt und haben Ihr erstes Bienenvolk im Alter von neun Jahren bekommen. Damit sind Sie einer der dienstältesten Imker Deutschlands. Macht das Imkern immer noch genau so viel Spaß wie am Anfang? 

Alfred Emmerer: Ja, sonst hätte ich es sicher schon aufgegeben! Ich habe das Bienenhaus mit dem Gelände drumherum vor zehn Jahren an meine Tochter übergeben, aber ich mache immer noch weiter. Damals waren 16 Völker hier im Haus, die eine Hälfte hat mein Schwiegersohn übernommen, die andere betreue ich. Ein Leben ohne Bienen ist für mich nicht vorstellbar.

BU: Das Bienenhaus baute Emmerer 1944 gemeinsam mit seinem Vater. Der Grundstückskauf kam beinahe nicht zustande, weil Emmeres Vater als „politisch unzuverlässig“ galt. Fotos: Thomas Cojaniz
Das Bienenhaus baute Emmerer 1944 gemeinsam mit seinem Vater. Der Grundstückskauf kam beinahe nicht zustande, weil Emmeres Vater als „politisch unzuverlässig“ galt.
Fotos: Thomas Cojaniz

Was hat sich seit Ihrem Start in die Imkerei besonders verändert?

Alfred Emmerer: Es hat sich einiges verändert, anderes auch wieder nicht. Die Imker diskutieren heute immer noch dieselben Themen wie in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts: Honigertrag, den besten Standort, die beste Beute. Heute reden alle von Dadant. Damit würde ich nicht imkern wollen. Das ist meiner Meinung nach eine Beute für amerikanische Berufsimker, die mit Hunderten Völkern von Küste zu Küste wandern.

Welche Beute bevorzugen Sie?

Alfred Emmerer: Mein erstes Volk bekam ich in einem Blätterstock, dann kam das Hoffmannmaß. Heute imkere ich in Trogbeuten im Deutsch Normalmaß. Das System halte ich für mich als Freizeitimker für sehr gut.

Ihr Einstieg in die Imkerei begann mit einer Singer-Nähmaschine. Mögen Sie erzählen, wie es dazu kam?

Alfred Emmerer: Die Geschichte meiner Imkerlaufbahn begann im Grunde im Jahr 1932, als mein Vater die Nähmaschine kaufte. Damals war Ratenzahlung üblich, und der Händler, ein Herr Freundlich, kam alle 14 Tage bei uns vorbei, um die Rate abzuholen. 1933, mit der Machtergreifung durch Hitler, kam mein Vater ins KZ Dachau, weil er im Stadtrat als Vertreter der KPD saß. Meine Mutter hielt uns über Wasser, aber oft fehlte das Geld für die Rate. Herr Freundlich war immer sehr nett und sagte, dann kommt er halt beim nächsten Mal wieder. Mich hatte er ins Herz geschlossen, er brachte mir jedes Mal eine Brezel mit. Er war Imker und sagte zu mir: „Alfred, wenn ich mal sterbe, dann hinterlasse ich dir ein Bienenvolk.“ 1935 war die Nähmaschine abbezahlt, und der Kontakt riss ab.

Er starb nicht, aber das Bienenvolk bekamen Sie trotzdem.

Alfred Emmerer: Im Juli 1936, mein Vater war inzwischen aus der Haft entlassen worden, erhielten meine Eltern die Nachricht, dass ein Bienenvolk für mich bereitstehe. Was wir vorher nicht gewusst hatten: Herr Freundlich war Jude. Man hatte an seinem Wohnhaus und seinem Bienenhaus die Scheiben eingeschlagen. Die Freundlichs flohen nach Palästina. Seine Völker hat er noch verkaufen können, aber das eine Volk für mich, das hatte er nicht vergessen. 

Sie waren vermutlich ziemlich überrascht, als Sie davon hörten.

Alfred Emmerer: Ja, sicher. Ich war damals neun Jahre alt und hatte noch nie direkt mit Bienen zu tun gehabt. Wir mussten also erst einmal einen Platz für das Bienenvolk finden. Unser Vermieter in Miesbach, wo wir damals wohnten, hatte ein Bienenhaus. Er war Nationalsozialist, aber kein Fanatiker. Ob er gewusst hat, woher das Volk stammt, weiß ich nicht. Ich durfte meine Bienen jedenfalls für den ersten Winter bei ihm lassen.

Und was machten Sie danach?

Alfred Emmerer: Mein Vater stammte von einem Bauernhof im Chiemgau, etwa 65 Kilometer von Miesbach entfernt. Dort lebte sein Bruder noch, und der hatte auch Bienen. Wir brachten das Volk im Frühjahr zu ihm. Mein Onkel setzte es dann vom Blätterstock auf das Kleine Hoffmannmaß um, womit er selbst imkerte. Ich war dort in den Ferien und schaute nach meinen Bienen, aber selbst betreut habe ich sie erst, als wir das Volk im folgenden Jahr nach Miesbach zurückholten. 

Konnten Sie das Volk ganz allein betreuen? Und wie haben Sie den Honig geschleudert?

Alfred Emmerer: 1939 fing ich einen Schwarm, da waren es schon zwei Völker. 1940 holten wir die Völker zu uns in die Schützenstraße und stellten sie dort auf einen Speicher. Im diesem Jahr trat ich dann in den Bienenzuchtverein Miesbach ein, der gehörte damals zur „Reichsfachgruppe Imker“. Den Mitgliedsausweis habe ich noch. Eine eigene Schleuder besaßen wir nicht, die haben wir uns von anderen Imkern ausgeliehen. Den Honig haben wir selbst gegessen und allmählich auch etwas verkauft. Außerdem gab es damals die Pflichtabgabe, es war ja Krieg. Vier Pfund pro Volk musste man abliefern. 

Wie war das Vereinsleben damals im Krieg? Waren viele Imker an der Front?

Alfred Emmerer: Der eine Teil wurde eingezogen, aber viele auch nicht. Die Landwirte blieben zum Beispiel zu Hause, die mussten ihre Höfe betreuen. Im Grunde war das Vereinsleben damals genauso wie heute. Es ging um dieselben Themen. Über Politik haben wir nicht geredet. Der Miesbacher Verein war sehr stark in der Zucht. Es gab direkte Kontakte zu Guido Sklenar, dem Züchter der Sklenarbiene. Wir haben von ihm Königinnen bekommen und Zuchtstoff geholt. So bin ich schon sehr früh in die Bienenzucht eingestiegen. 

Seinen ersten Mitgliedsausweis der „Reichsfachgruppe Imker“ hatte Alfred Emmerer aufbewahrt. Das Eintrittsdatum: Der 1. April 1940.
Seinen ersten Mitgliedsausweis der „Reichsfachgruppe Imker“ hatte Alfred Emmerer aufbewahrt.
Das Eintrittsdatum: Der 1. April 1940.

Ihr Basiswissen haben Sie in einem Imkerkurs in Weihenstephan erhalten. 

Alfred Emmerer: Ja, das war 1942, dort durfte ich für knapp eine Woche hin. In dem Kurs habe ich viel gelernt, es ging auch um Zucht. Als ich zurückgekommen bin, habe ich mich gleich als Züchter betätigt. Seither bin ich Sklenarzüchter. Meine Bienen sind sehr sanftmütig. Ich zeichne die Königinnen bis heute selbst.

1943 mussten Sie noch in den Krieg. Da waren Sie 16.

Alfred Emmerer: Ich hatte zuvor ein Praktikum bei den Amperwerken gemacht und galt darum bei der Einberufung als Elektriker. Daher wurde ich als Funker eingesetzt. Zuerst kam ich nach Magdeburg, dann nach Bad Zwischenahn zur Flugabwehr. Dort war ich bei den Funkmessgeräten, was man heute Radar nennt. Wir haben die britischen Bomber auf 60 Kilometer Entfernung ausgemessen, und zwar auf plus/minus 40 Meter genau. 

Sie kamen aber auch noch an die Front.

Alfred Emmerer: Ich kam zu den Gebirgsjägern und dann an die Front. Im August 1944 war ich in Weißrussland, die Frontlinie wich damals schon vor den Russen zurück. Es ging dann über Ungarn und die Slowakei bis nach Polen. Bei Zakopane hat mich eine Maschinengewehrkugel erwischt, ich könnte Ihnen heute noch auf 50 Meter genau den Ort zeigen, an dem es passiert ist, so genau erinnere ich mich. Es war ein Durchschuss, die Kugel trat im Knie ein und im Unterschenkel wieder aus. Der Arzt wollte das Bein amputieren.

Wodurch wurde es gerettet?

Alfred Emmerer: Durch die Miesbacher Frauen! Der Arzt, der mein Bein amputieren wollte, ein Münchner, war in Miesbach stationiert gewesen. Dort hatte er mit den Frauen poussiert. Er fragte mich, ob ich die betreffenden Frauen kennen würde, und als ich das bejahen konnte, sagte er: „Schauen wir mal, vielleicht können wir dein Bein noch retten.“ Ich wurde eingegipst, vom Knöchel bis zur Schulter. Als die Russen weiter vorrückten, wurden wir mit Lazarettzügen abtransportiert. Mein Zug fuhr alle möglichen Orte ab: Wien, Linz, Salzburg, Arnsbach, wo immer Betten im Lazarett frei waren, wurden Verwundete ausgeladen. Ich landete schließlich in einem alten Schulraum in Neustadt an der Saale. Als der Gips abkam, war der Krieg vorbei. Ich kam noch in Kriegsgefangenschaft, war aber nach ein paar Wochen wieder draußen und konnte zurück nach Hause.

Dort hatten Sie vor Ihrer Einberufung zusammen mit Ihrem Vater ein Bienenhaus gebaut.

Alfred Emmerer: Ja, wir haben mit viel Glück und guten Kontakten einen wunderbaren Standort in einer alten Kiesgrube gefunden. Er ist windgeschützt und dadurch manchmal zehn Grad wärmer als oben auf der Hügelkuppe. Das Grundstück gehörte einem NS-Funktionär, wir bekamen es über einen Tauschhandel, in den auch eine „Halbjüdin“ einbezogen war. Ein merkwürdiges Geschäft, zwischen einem Nazi, dieser Frau mit jüdischen Vorfahren und meinem Vater, dem Kommunisten. Erstaunlich, aber es kam zustande.

Die Politik hat Ihnen aber beinahe doch noch einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Alfred Emmerer: Wir hatten schon mit dem Bau des Bienenhauses begonnen, als uns mitgeteilt wurde, dass die NS-Standortverwaltung dem Kauf nicht zustimmt. Mein Vater sei politisch unzuverlässig, verweigere den Hitlergruß und habe auch schon einen Polen auf dem Grundstück empfangen. Man verdächtigte ihn, in dem Haus Feindsender zu hören und sich mit Kommunisten zu treffen. Rechtsgültig wurde der Kauf erst, nachdem ich eingezogen worden war. Wo es einen Soldaten für das Deutsche Reich in der Familie gab, konnte man die Zustimmung wohl nicht so leicht verweigern. 1944 war es dann wirklich unseres.

Das Haus war von Anfang an mit Trogbeuten ausgestattet. 

Alfred Emmerer: Es bietet Platz für 16 Völker. In Hochphasen hielt ich bis zu 29 Völker auf dem Gelände. Die Beuten, die nicht ins Haus passten, waren auf Außenstände verteilt. Aber das Maß habe ich umgestellt. Im Kleinen Hoffmannmaß hatten die Bienen oft zehn Zentimeter hohe Honigkränze. Auf Normalmaß geht das besser, die Bienen tragen den Honig dann eher in den Honigraum. In meinen Trogbeuten sind bis zu 14 Waben hintereinander angeordnet. Den Honigraum setzt man obenauf. Man bearbeitet die Beuten von oben, aber mit den Hinterbehandlungsbeuten haben sie das Sichtfensterchen gemeinsam. Ich hänge den Drohnenrahmen immer nach ganz außen. Wenn ich die Beute öffne, kann ich sofort sehen, wie es dem Volk geht. Wird der Rahmen schön ausgebaut, ist alles in Ordnung. 

Die Trogbeuten haben hinten ein Fenster. Emmerer stellte vom Kleinen Hoffmannmaß auf Normalmaß um, weil die Bienen darin keine hohen Honigkränze anlegten.
Die Trogbeuten haben hinten ein Fenster. Emmerer stellte vom Kleinen Hoffmannmaß auf Normalmaß um, weil die Bienen darin keine hohen Honigkränze anlegten.

Das Sichtfensterchen ermöglicht Ihnen die Kontrolle von hinten. Für vorn haben Sie sich auch noch ein raffiniertes System ausgedacht!

Da habe ich vor den Fluglöchern eine breite Holzplatte ausgelegt. So kann ich immer sehen, wie viel Totenfall es gibt, ob die Drohnenschlacht beginnt oder ob eine Königin abgestochen wurde. Neulich lag eine gezeichnete blaue Königin tot vor dem Flugloch. Da muss ich im Volk gar nicht suchen, ich weiß sofort, was los ist und welches Volk nun weisellos ist.

Sie wissen ohnehin sehr gut Bescheid über den  Zustand ihrer Völker.

Alfred Emmerer: Das liegt wohl an meinem Beruf. Ich habe nach dem Krieg Elektrotechnik studiert und war mein Berufsleben lang in der Mess- und Regeltechnik tätig. Daher war ich an genaue Datenaufnahme gewöhnt. Ich kann Ihnen meine Honigernten von 1947 bis heute zeigen: Von jedem Jahr habe ich genaue Daten. Ich weiß sogar, welches Volk wie gut produziert.

Wie machen Sie das?

Alfred Emmerer: Ich entnehme die Waben, wiege sie vor dem Schleudern, schleudere sie aus und wiege sie nochmals. So weiß ich genau Bescheid. Schauen Sie hier, die Honigernten habe ich in eine Grafik übertragen. Seit 1947 steigt die Ernte pro Volk leicht an, aber es gibt immer wieder große Ausschläge nach oben und nach unten.

Gute Buchführung: Alfred Emmerer wusste über Gesundheitszustand und Honigertrag jedes Volkes genau Bescheid.
Gute Buchführung: Alfred Emmerer wusste über Gesundheitszustand und Honigertrag jedes Volkes genau Bescheid.

Haben Sie dafür eine Erklärung?

Alfred Emmerer: Tja, vielleicht bin ich im Umgang mit den Bienen intelligenter geworden, vielleicht habe ich aber auch einfach nur Glück gehabt. Die großen Ausschläge sagen mir jedenfalls, dass Imkerei eine Tätigkeit ist, bei der man auf die Natur angewiesen ist. Man muss es so hinnehmen, wie es kommt. Und nach einem besonders guten Jahr kommt meist auch wieder ein schlechteres.

Was war das beste Jahr?

Alfred Emmerer: 2013 war hier in der Region ein absolutes Ausnahmejahr. So viel Honig pro Volk habe ich nie zuvor und auch danach nicht wieder geerntet: knapp 190 Pfund pro Volk! 

An wen verkaufen Sie all den Honig?

Alfred Emmerer: Das meiste geht über die Haustür an Stammkunden. Wir haben hier viele Touristen, und ich habe meinen Honig über Hotels verkauft, darüber habe ich auch noch Kunden gewonnen. Ich habe schon bis nach Ägypten geliefert – auch das waren Gäste aus einem Hotel.

Sie haben auch im Kernkraftwerk Isar gearbeitet und waren hier, als es in Tschernobyl zur Reaktorkatastrophe kam. Damals haben Sie die Qualität Ihres Honigs sehr sorgsam überwacht.

Alfred Emmerer: Wir haben in Miesbach fast unerklärliches Glück gehabt. Rundherum, in fast ganz Bayern, hat es geregnet – nur bei uns nicht. Es gibt eine Bayernkarte des Umweltinstitutes München, auf der man die Strahlenbelastung sehen kann. Darauf gibt es einen kleinen weißen Fleck: eben unsere Region hier rund um Miesbach. Ich habe damals auch selbst gemessen, den Boden und auch den Honig, und festgestellt, dass die Strahlungswerte absolut normal blieben. Unser Honig war nicht durch Radioaktivität belastet.

Sie sind beruflich weit herumgekommen. Haben Sie dabei viel über Imkerei erfahren?

Alfred Emmerer: Ja, wenn ich in einer Gegend war, habe ich mich sofort nach den Imkern umgeschaut. So habe ich interessante Menschen und Imkereimethoden kennengelernt. Ich war bei Imkern auf Sylt und in der Lüneburger Heide. In den Dolomiten habe ich einen Imker besucht, der seine Bienen auf 1.500 Meter Höhe hielt. Er sagte, dass seine Honigsaison selten vor Juni beginnt. Bis weit ins Frühjahr hinein lag dort noch Schnee.

A propos Beruf: Ihr Studium der Elektrotechnik haben Sie mit den Bienen finanziert.

Alfred Emmerer: Ja, mit Bienen und mit Musik! Ich habe Vio­line, Klarinette und Saxofon gespielt und hatte eine Band, mit der wir auf Hochzeiten, beim Fasching und ähnlichen Veranstaltungen aufgetreten sind. Außerdem habe ich gezüchtet. Mit Königinnen, Bienenvölkern und Honig ließ sich gut etwas dazuverdienen. 

Wer hat sich später um die Bienen gekümmert, wenn Sie beruflich unterwegs waren?

Alfred Emmerer: Ich habe das immer gut vorbereitet. Wenn ich wusste, dass ich zwei Wochen unterwegs sein würde, habe ich drei oder auch vier Mittelwände auf einen Schlag in die Völker gegeben, so waren die Bienen erst einmal beschäftigt. Die Erntezeitpunkte konnte ich ungefähr abschätzen. 

Erinnern Sie sich, wie es war, als die Varroa in Deutschland ankam?

Alfred Emmerer: Mein Gott, die Varroa. Wir haben Ameisensäure in die Völker gegeben. Das hat gut geklappt.

Das klingt nicht, als ob es ein großes Drama gewesen wäre.

Alfred Emmerer: Nein, das war’s auch nicht. Eigentlich habe ich nie Probleme mit Völkerverlusten gehabt.

Zwei Imkergenerationen arbeiten gemeinsam: Alfred Emmerer mit seinem Schwiegersohn. Auch die Tochter imkert mit.
Zwei Imkergenerationen arbeiten gemeinsam: Alfred Emmerer mit seinem Schwiegersohn. Auch die Tochter imkert mit.

Haben Sie noch einen Rat für die neue Imkergeneration?

Alfred Emmerer: Eigentlich nicht, die Imkerei ändert sich ja laufend. Zum Beispiel das Zusammenspiel mit der Landwirtschaft: Früher haben die Bauern selbst Bienen gehabt, da war die Umgebung viel natürlicher. Heute hat man kilometerlange Äcker, und die Bienen haben es in der Stadt besser als auf dem Land. Uns gehört der kleine Acker oberhalb der Senke, in der das Bienenhaus steht. Der Bauer, der das gepachtet hatte, hat ihn völlig überdüngt. Also haben wir den Vertrag beendet und das Grundstück selbst bewirtschaftet. Die Wiese liegt im Wassereinzugsgebiet der Stadt München, daher gibt es von der Stadt eine kleine Entschädigung. Nun blüht dort Bienenweide. 

Sonst noch ein Wort zum Abschluss?

Alfred Emmerer: Ja, vielleicht doch noch: Ich habe mich immer von anderen Imkern inspirieren lassen. Und man muss tolerant sein. Mein Schwiegersohn macht zum Beispiel an den Bienen vieles anders als ich. Ich habe nie von ihm verlangt, dass er’s genauso macht wie ich. 

Wir bedanken uns für das Gespräch!

Die Fragen stellte Silke Beckedorf.


Fragen zu seiner Betriebsweise beantwortete Alfred Emmerer 2020 in einem weiteren Interview.

Zum Artikel in der Oktoberausgabe 2020 und ihrem Treffen mit Alfred Emmerer schrieb Silke Beckedorf einen Kommentar.