Bienenvölker brüten noch

17. November 2022

Die Bienenvölker brüten teilweise noch immer. Doch das ist kein wirklicher Grund zur Sorge oder gar für unbegründete, nutzlose Eingriffe. Das LAVES Institut für Bienenkunde Celle informiert.

Viel wird über den Klimawandel und seine möglichen Folgen auf die Bienenvölker und die Imkerei in Deutschland nachgedacht und debattiert. Das, was wir derzeit an Wetterextremen in Deutschland erleben, ähnelt den Verhältnissen, die wir aus Regionen Süd-Europas kennen. Trotz trockenheißer Sommermonate, gepaart mit Brutunterbrechungen, in den Wintermonaten stets durchbrütende Bienenvölker und trotz Varroa ist die Imkerei dort erfolgreich, wenn man Honigerträge als Maßstab nimmt.

Wohl wissend, dass die Imker dort mit anderen Bienenrassen imkern, müssen sie sich mit den Witterungsbedingungen arrangieren und führen ihre Völker mit einer verlässlich angepassten Betriebsweise. Das können die Imkerinnen und Imker in Deutschland grundsätzlich auch.

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DBJ Ausgabe 12/2024

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Die Bienenvölker sind teilweise derzeit noch in Brut

Aufgrund der sehr milden Witterungsverhältnisse in den letzten Wochen, haben die Bienenvölker nach Brutunterbrechungen im heiß-trockenem Hochsommer noch einmal Brut angelegt. Nach etwas Regen hat vielerorts reichlich verfügbarer Pollen aus landwirtschaftlichen Blühflächen diesen späten, nicht ungewöhnlichen Bruteinschlag offensichtlich gefördert. Das ist aber kein Grund zur Sorge und schon gar nicht für unbegründete und nutzlose Eingriffe ins Bienenvolk.

Es ist auch in Deutschland nicht ungewöhnlich, dass Bienenvölker nach einer Brutreduzierung im trockenen Hochsommer dann in einem darauffolgenden warmen Herbst die Brutaufzucht noch einmal intensivieren. Vergleichbare Verhältnisse hatten wir im Jahre 2018. Das war mit einer Durchschnittstemperatur von 10,5 Grad Celsius das bislang wärmste Jahr in Deutschland seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Der diesjährige Oktober zählt inzwischen zu den wärmsten seit 140 Jahren.

In den letzten Wochen sind die Völker vielerorts noch fleißig mit Phacelia- und Senf-Pollen heimgekehrt und sie brüten teilweise noch immer. Dabei haben die Bienen natürlich auch Futter verbraucht. Das zeigen die Trachtsummen-Kurven der digitalen Stock-Waagen bei TrachtNet-Deutschland. Wenn nicht schon geschehen, sollte das die Imkerinnen und Imker veranlassen die Futterversorgung ihrer Bienenvölker jetzt noch einmal zu kontrollieren. Wer in diesem Jahr die Auffütterung seiner Völker schon früh im August abgeschlossen hat, wird jetzt womöglich Völker vorfinden, für die die Futterversorgung bis zum Frühjahr knapp werden könnte.

Überwinterungsfähiges Volk
Überwinterungsfähiges Volk. Foto: Dr. Otto Boecking

Für die hiesige Region in Niedersachsen zeigen die Prognosen, dass die Temperaturen Mitte dieser und der nächsten Woche auch tagsüber in den einstelligen Bereich zurückgehen. Dann sollte bei Völkern mit kritischem Futterstand jetzt zumindest der Versuch gestartete werden, etwas mit flüssigem Futter nachzusteuern. Verfügt man über einen hohen Unterboden, kann in kleinen Portionen, bei eingeengtem Flugloch von unten flüssig gefüttert werden. Ansonsten nehmen die Bienen, sofern sie Individuen-stark sind, das flüssige Futter auch aus zugehängten Futtertaschen oder anderen Behältnissen im Zargenraum ab.

Schon jetzt lässt sich aber für 2023 prognostizieren, dass die Imkerinnen und Imker im kommenden Frühjahr besonderes Augenmerk auf die Futterversorgung ihrer Völker richten müssen. Dann heißt es gegebenenfalls das Futter zwischen den eigenen Völkern auszugleichen, indem aus besser versorgten Völkern Futterwaben in schwach versorgte Völker umgehängt werden.

Später Bruteinschlag geht mit „strapazierten“ Winterbienen einher – Populationsschätzungen belegen das nicht

Grundsätzlich gilt die Aussage „geschäftige Sommerbienen sind kurzlebiger als weniger betriebssame Winterbienen“. Dass aber Bienenvölker, die im Spätherbst noch aktiv sind, dann bei der Auswinterung im Folgejahr deutlich schwächer sind, lässt sich mit Populationsschätzungen nicht belegen (siehe beispielhaft: Deutsches Bienen-Journal 11/2022, Seite 50-51). Das gilt aber grundsätzlich nur für Bienenvölker, die im Spätsommer gegen die Varroa-Milbe behandelt wurden.

Selbst wenn es theoretisch zutreffen würde, dass Völker aufgrund ihrer zusätzlichen Beschäftigung mit spät blühenden landwirtschaftlichen Trachten schwächer auswintern würden, könnte man imkerlich an diesen Vorgängen nichts ändern. Man wird überrascht sein, wie die Völker sich im darauffolgenden Frühling schnell wieder erholen können. Dafür müssen die Völker dann lediglich über eine junge Königin und über eine gute Pollen- und Nektar-Versorgung verfügen.

Später Bruteinschlag und Varroa-Vermehrung – kein Grund die Brut zu zerstören

Natürlich bieten zusätzliche Brutzyklen der Varroamilbe grundsätzlich Bedingungen zur Vermehrung. Wer aber seine Spätsommerpflege der Völker mit einer gezielten Varroa-Bekämpfung kombiniert hat, so wie wir das beispielhaft in unserem „Celler Info-Brief“ vom 19. Juli 2022 und auf unserem YouTube-Kanal in mehreren Videos detailliert erklärt haben, muss sich jetzt keine Sorgen um die Varraomilben-Belastung machen. Wer die Wirtschaftsvölker in Brut- und Flugling geteilt hat („Teilen & Behandeln“), hat seinerzeit ideale Bedingungen für eine hochwirksame Varroa-Bekämpfung mit Oxalsäure geschaffen. So ist die Zahl der Milben und damit die Startpopulation für den dann erfolgten herbstlichen Bruteinschlag auf ein Minimum reduziert worden. Die daraus erfolgte Milben-Vermehrung kann schon zahlenmäßig gar keine Gefahr für die Bienenvölker und deren Überwinterungserfolg darstellen.

Von daher sind Empfehlungen, die Brut gar zu zerstören, weder begründbar, noch sinnvoll – sie sind sogar kontraproduktiv und bedenklich. Solch eine Maßnahme kommt einer Verschwendung von Ressourcen gleich und bedeutet eine zusätzliche und unnötige Belastung der Völker. Folgen sie solchen Empfehlungen bitte nicht! Den Wetterprognosen nach soll es in der nächsten Woche erste Nächte mit Temperaturen um den Gefrierpunkt geben. Dann stellen die Bienen das Brüten ohnehin ein.

Zudem besteht durchaus auch in diesem Jahr sicherlich Gelegenheit zu einer abschließenden Winterbehandlung, wenn die Bienenvölker dann endlich brutfrei sind und bei kühlen Außentemperaturen zudem eng sitzen. Untersuchungen von Frau Dr. Pia Aumeier (Bochum) haben gezeigt, dass zum Zeitpunkt der abschließenden Winterbehandlung kleine Brutreste den Behandlungserfolg nicht schmählern.

Entscheidend ist jedoch, dass die Bienen für die dann anzuwendende Oxalsäure-Träufelbehandlung eng in den Wabengassen sitzen müssen. Sollte theoretisch ausgerechnet auch der kommende Winter zu mild ausfallen, dann müssen von der Logik her alle Varroa-reduzierenden Maßnahmen, wie das Drohnenbrut-Ausschneiden und die Erstellung von Jungvölkern aus den Wirtschaftsvölkern, im Jahre 2023 noch gewissenhafter erfolgen als sonst.

Schon jetzt lässt sich aber für 2023 prognostizieren, dass die Imkerinnen und Imker im kommenden Jahr besonderes Augenmerk auf die Varroa-Reduzierung ihrer Völker mit einer entsprechenden verlässlichen Betriebsweise richten sollten. Wir werden Sie entsprechend dabei begleiten und informieren. Abonnieren Sie – wenn nicht schon geschehen – unseren YouTube-Kanal, dann werden sie rechtszeitig über Neuigkeiten automatisch informiert.

Wir wünschen Ihnen viel Freude mit Ihren Bienen! Bleiben Sie gesund!

Dr. Otto Boecking, Franziska Odemer, Stefan Lembke, Martina Janke

E-Mail an Ansprechpartner: poststelle.ib-ce@laves.niedersachsen.de

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