Zu den letzten Trachten des Jahres gehören Heide, Wald und Phacelia. Letztere stammt meist aus Blühmischungen von Äckern, die im betreffenden Jahr nicht bewirtschaftet werden. Doch wer auf diese späten Nektarquellen für Sommertrachthonig setzt, schiebt die Behandlung gegen die Varroamilbe auf. Doch wie spät ist zu spät? Und wie gut sind die späten Trachten für die Bienen wirklich?
„Sommertrachthonig“ ist ein Sammelbegriff. Sowohl Blütenhonige aus den Sommermonaten Juli und August als auch Honige, die zum großen Teil Honigtau enthalten, können damit gemeint sein. Für die meisten Imkerinnen und Imker ist mit dem Ende der Lindenblüte Schluss mit der Honigernte und sie beginnen, die Bienen gegen die Varroamilbe zu behandeln und einzufüttern. Doch mancherorts blüht noch eine der ganz späten Trachten wie die Heide oder auch Blühmischungen mit Phacelia und Buchweizen. Außerdem gibt es auch noch den Honigtau, den die Bienen sammeln und zu Honigtauhonig verarbeiten. Leider bergen all diese späten Sommertrachthonige bzw. Spättrachten Gefahren: Für die Bienen einerseits, für die Imkerinnen und Imker andererseits.
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Sommertrachthonig und trotzdem wenig Varroamilben: So geht´s
Imkernde, die auf späten Sommertrachthonig setzen, verschieben die Behandlung gegen die Varroamilbe im Jahresverlauf. Da sich die Milben aber exponentiell vermehren, könnte die Belastung im Spätsommer einen kritischen Punkt erreichen. Dann wäre weder an Sommertrachthonig zu denken, noch an eine Überwinterung der Völker. Eine medikamentöse Behandlung der Bienen während der Tracht ist verboten, wenn man den Honig ernten möchte. Selbst die organischen Säuren könnten Rückstände im Sommertrachthonig hinterlassen.
„Grundsätzlich – und das gilt bei der Nutzung später Trachten ganz besonders – muss der Varroa-Befall ganzjährig niedrig gehalten werden“, sagt dazu Jens Radtke vom Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf. Konkret bedeutet das: Die Schadschwelle von rund 1.000 Milben sollte niemals überschritten werden. Imkerinnen und Imker sollten dies regelmäßig kontrollieren, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
Um das Wachstum der Milbenpopulation mit einer Verdoppelung der Milbenzahl alle drei Wochen zu bremsen, rät Radtke zu einer regelmäßigen Entnahme der vedeckelten Drohnenbrut im Abstand von zwei Wochen. Außerdem sollten Imkerinnen und Imker nach Radtke während der Schwarmzeit im Abstand von zehn Tagen zwei Mal die gesamte verdeckelte Arbeiterinnenbrut entnehmen, um daraus Ableger zu bilden.
Sommertrachthonig aus Blühmischungen: Gut für die Bienen?
Wer späte Trachten nutzen möchte, muss darauf achten, dass die Bienenvölker stark genug sind. „Deshalb entnehme ich zur Ableger-Bildung zwar viel verdeckelte Brut, aber relativ wenig Bienen“, empfiehlt der wissenschaftliche Mitarbeiter des Bieneninstituts. Durch die zahlreich verfügbaren Brutwaben könne man sehr starke Ableger bilden, in denen stündlich viele Bienen schlüpfen. Da die Bienen aufgrund zeitweilig verminderter Brutpflege länger leben, bleibe die Trachtfähigkeit der Völker weitgehend erhalten. Den Brutverlust würden sie schnell wieder kompensieren. „Sollte die Volksstärke dennoch nicht optimal sein, wird den Völkern jeweils ein Ableger zugegeben, denen zuvor die erste verdeckelte Brut der jungen Königin samt Milben aber ohne Bienen entnommen wurde“, erklärt Jens Radtke das Vorgehen zur Nutzung der späten Möglichkeiten für Sommertrachthonig, ohne die Bienen zu schädigen.
Im Prinzip geht es darum, dass die Bienenvölker zur richtigen Zeit so stark an Flugbienen sein müssen, dass sie Nektar sammeln können. Viel Brut brauchen sie dabei nicht. Diese ist meist mehr mit Milben belastet und sollte frühzeitig gegen die Varroamilbe behandelt werden. Dies jedoch zu trennen, braucht imkerliche Erfahrung und gute Vorbereitung.
Radtkes Fazit: „Wer die Eingriffe in die Völker und die Ableger terminlich gut auf die Trachtsituation abstimmt, kann diese mit gesunden Völkern und jungen Königinnen optimal nutzen.“ Wenn der Sommertrachthonig abgeschleudert ist, muss der Imkernde aber zügig die nötigen Arbeiten nachholen, die er aufgeschoben hat. So müsse man schon wenige Tage nach der Spättracht-Honigernte mit dem Einfüttern beginnen. Dazwischen bleibt aber noch Zeit für eine eventuell erforderliche Kurzzeit-Behandlung mit einer organischen Säure. Die Behandlung mit einem Oxalsäure-Präparat im Herbst sorgt für eine günstige Ausgangssituation im folgenden Jahr.
Späte Blühmischungen als Bienenweide: Imkerliches Können notwendig
Stellen Heide und Honigtau die klassischen späten Trachten dar, kamen in den vergangenen Jahren aber auch immer mehr Äcker hinzu, auf denen es im Spätsommer blüht und die die Bienen anziehen. Vor allem Blühmischungen mit Phacelia, Buchweizen und Sonnenblumen, genauso wie Senf und Ölrettich, locken die Bienen an. Landwirtinnen und Landwirte säen diese Mischungen einerseits aus, da die Pflanzen überschüssigen Stickstoff im Boden binden. Andererseits gibt es Förderungen für diese insektenfreundlichen Blühflächen auf brachliegenden Äckern. Oftmals bleiben die Pflanzen im Herbst und Winter stehen. Dann bieten sie auch Unterschlupf für Wildtiere und pflanzenfressende Insekten.
Ob Blühmischungen für Honigbienen wirklich ergiebige Trachten bieten, ist von einigen Faktoren abhängig. Dazu gehören laut Uwe Hubbe vom Bieneninstitut Kirchhain die Menge, der Blühzeitpunkt, der Boden, das Wetter und die enthaltenen Pflanzenarten. „Große, ergiebige, frühblühende Schläge können Imkerinnen und Imkern zur Honigproduktion im Spätsommer nutzen. Allerdings ist dazu einiges an imkerlichem Können erforderlich“, bestätigt er und erwähnt in diesem Zusammenhang die Kontamination des Sommertrachthonigs durch Varroazide, die ausgeschlossen sein müsse. Außerdem müsse gewährleistet sein, dass eine Überwinterung der Bienenvölker ohne größere Verluste gegeben ist.
Ölrettich und Senf: Vorsicht vor kristallisiertem Honig
Verluste kann es auch dann geben, wenn die Bienen auf ergiebigen Nektareinträgen der Pflanzen überwintern sollen, deren Honige zur schnellen Kristallisation neigen – wie etwa von Senf und Ölrettich. Dieses selbst eingetragene Futter können die Bienen im Winter nicht nutzen. Zum Lösen bräuchten sie Wasser: Bei Temperaturen unter 12 Grad im Winter ist das Wasserholen im Freien nahezu unmöglich. Vorsicht ist aus Sicht von Uwe Hubbe auch deshalb geboten, weil eine Überfütterung der Völker durch die späte Tracht erfolgen kann. Das passiert, wenn die Bienen während des Fütterns ausfliegen und zusätzlich Nektar eintragen. Dann schwindet der Platz im Bienenstock für ausreichend Brutflächen. Wer die Völker zwischenzeitlich wiegt, bekommt gute Informationen darüber, ob sie von der Spättracht Nektar eintragen. „Wird der Stoffwechsel des Bienenvolkes im Spätherbst noch einmal hochgefahren, ist dieses für viele Bienenvölker tödlich“, erklärt Hubbe.
Imkerinnen und Imkern, die Sommertrachthonig von Blühflächen ernten wollen, gibt Uwe Hubbe den Tipp, dass sie sich auch die nebenliegenden Äcker anschauen sollten. „Flächen, bei denen in unmittelbarer Nachbarschaft intensiv Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, sind ungeeignet“, sagt er.
jtw
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