Tierkot zur Verteidigung: Asiatische Honigbiene gegen Riesenhornisse
Forscher aus Vietnam und Nordamerika haben eine neue Verteidigungsstrategie von Apis cerana, der asiatischen Honigbiene, beobachtet. Sie nutzt tierischen Kot, um sich vor Angriffen der Riesenhornisse Vespa soror zu schützen.
In Vietnam bedroht die Riesenhornisse Vespa soror die heimische Östliche bzw. asiatische Honigbiene (Apis cerana). Die eng mit der Asiatischen Riesenhornisse (Vespa mandarinia) verwandte Vespa soror legt wie ihre Schwester ein aggressives Verhalten an den Tag: In koordinierten Angriffen überfallen mehrere Hornissen ein Bienenvolk, töten den Großteil der Insassen ab und tragen auch die Brut weg, um damit ihre eigenen Nachkommen zu versorgen. An kleinen Nesteingängen stören sich die Hornissen eher weniger: Sie knabbern die Löcher einfach größer und gelangen so in den Stock.
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Bisher ging man davon aus, dass die asiatische Honigbiene besonders die Hitzekugel zur Verteidigung nutzt. Dabei kesseln mehrere Bienen die Hornisse in einer Kugel ein und erwärmen sie auf 47,2 °C, was für die Hornisse den sicheren Tod bedeutet.
Forscher aus Nordamerika und Vietnam haben nun eine neue Verteidigungsstrategie beobachtet. Die asiatische Honigbiene Apis cerana wehrt die Riesenhornisse Vespa soror scheinbar durch Kotflecken ab, die sie auf die Vorderseite der Bienenbeute platziert. Es ist das erste Mal, dass bekannt wird, dass Honigbienen nicht-pflanzliches Material sammeln und zur Verteidigung nutzen.
Wiederholt fielen einigen Imkern in Vietnam die ungewöhnlichen Flecken auf den Beuten auf. Einen ersten Hinweis, dass es sich dabei um Exkremente handelt, lieferte ein Imker. Er sah, wie seine Bienen zum Wasserbüffelmist ausflogen.
Asiatische Honigbiene gegen Riesenhornisse: Ergebnisse der Studie
Das Forscherteam führte seine Beobachtungsstudien daraufhin an insgesamt drei nahegelegenen Standorten von Bienenvölkern in Vietnam durch. Neben den Völkern platzierten sie Hühner-, Schweine-, Wasserbüffel- und Kuhmist. Die Auswertung u.a. der Fotos und Videos zeigt:
- die Bienen suchen nach Angriffen der Riesenhornissen bewusst nach tierischen Exkrementen, tragen Klumpen von diesen weg und bringen sie in der Nähe des Flugloches an; dieses Verhalten kann mehrere Tage anhalten
- je mehr Flecken an der Beuten-Frontseite kleben, desto seltener greift V. soror an
- bei mäßig bis stark mit Kot beschmierten Beuten verbringt V. soror 77–81 % weniger Zeit bei den Völker als bei Beuten mit wenigen oder gar keinen Kotflecken
- der Fleckengrad beeinflusst das Verhalten der Hornissen hinsichtlich des Landens und Kauens am Flugloch sowie des Eindringens in die Völker
- V. soror verbringt bei mäßig bis stark befleckten Völkern 94 % weniger Zeit mit Kauen am Nesteingang
- bei leicht befleckten Flächen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass mehrere Hornissen das Nest besuchen
- bei Besuchen der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina) zeigt sich dieses Verteidigungsverhalten der Honigbienen nicht
Kot und die asiatische Honigbiene: Warum stört’s die Riesenhornisse Vespa soror?
Warum die Kotflecken die Riesenhornisse genau von Angriffen abhalten, muss noch genauer untersucht werden. Die Forscher vermuten allerdings, dass die Exkremente die Pheromone überlagern, mit denen die Hornissen die Bienenvölker markieren. Die Pheromone dienen normalerweise zur Rekrutierung weiterer Hornissen und machen so einen Massenanschlag auf das Bienenvolk möglich. Das Anbringen des Dungs könnte genau das verhindern.
Möglich sei auch, dass die Hornissen den Kot mit Raubtieren assoziieren und sich deshalb lieber davon machen, heißt es in der Studie. Auch könnten sich die Hornissen vor Parasiten und Krankheiten schützen wollen, die über den Kot übertragen werden. Warum Honigbienen in diesem Fall davon unbeeindruckt sind, sei nicht geklärt. Spezifische Stoffe im Mist könnten weiterhin für Hornissenabwehr sorgen.
Ähnliches Verhalten bei der Asiatischen Riesenhornisse (Vespa mandarinia)?
Die asiatische Honigbiene zeigt dieses spezifische Verteidigungsverhalten nicht nur in Vietnam. Den Wissenschaftlern wurden auch Fotos aus dem Südosten Chinas, Thailand, Bhutan und Nepal zugesandt, auf denen man ähnliche Flecken auf Beuten erkennt. Da diese Länder als Verbreitungsgebiet der Asiatischen Riesenhornisse (Vespa mandarinia) gelten, geht man davon aus, dass A. cerana auch hier von der Verteidigungsmethode Gebrauch macht. Auch aus Japan ist bekannt, dass die dort heimische Bienenart (A. cerana japonica) sogenannte Schmieren an die Beutenaußenseite anbringt, um die Asiatische Riesenhornisse abzuwehren. Diese Schmieren bestehen allerdings aus Pflanzenextrakten.
Unterschiede im Verhalten von Apis mellifera und Apis cerana
Stellt sich die Frage, ob die weltweit am häufigsten verbreitete Honigbiene Apis mellifera genauso auf Riesenhornissen wie Vespa soror reagieren könnte. Eine erste Antwort hierfür liefert eine Befragung der Forscher von 72 vietnamesischen Imkern. Fünf der 72 Imker hielten nur Apis mellifera-Völker, und keiner konnte Mistflecken an den Beuten beobachten. Bei den 67 anderen Personen, die mit Apis cerana imkern, waren es immerhin 63 (94 %), die die Exkremente nachweisen konnten. Ein Abwehrverhalten durch das Auftragen von Kot ist damit für Apis mellifera nicht dokumentiert. Das belegen auch andere Quellen, auf die die Forscher in ihrer Studie verweisen. Immer dort, wo die beiden Honigbienenarten in einem Raum leben, jagten Hornissen bevorzugt Apis mellifera.
Kot als Werkzeug?
In der Wissenschaft wird derzeit noch diskutiert, ob der Werkzeugbegriff für Kot in diesem Kontext zutreffend ist. Die Verfasser der Studie sind sich hingegen bereits einig, dass der Einsatz von Mist den ersten Nachweis für einen Werkzeugeinsatz bei Bienen liefert.
Die Studie wurde in der Wissenschaftszeitung PLOS ONE veröffentlicht>>>
arn
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