Alternative: Kunststoffwabe?

17. März 2020

Für viele Imker sind Kunststoffwaben nicht mit dem Naturprodukt Honig, der Lebensweise der Bienen oder ihrem ökologischen Gewissen zu vereinbaren. Freizeitimker Heinrich Niemeier hingegen ist von ihnen überzeugt. Er imkert bereits seit 20 Jahren mit Kunststoffwaben. Hier berichtet er von seinen Erfahrungen.

Warum geben Sie in Ihre Bienenvölker Kunststoffwaben?

Heinrich Niemeier: Der Grund ist, dass ich mir keine Mittelwände mehr anschaffen muss. Die vorgeprägten Kunststoffwaben werden mit ausgeschmolzenem Drohnenbau bewachst. Das später bei der Wabenhygiene anfallende Altwachs entsorge ich. Dadurch habe ich einen eigenen und vor allem offenen Wachskreislauf. Im Zuge der aktuellen Wachsskandale wird dies ja verstärkt empfohlen und gefordert.

Viele Imker empfinden das Einbringen von Kunststoff ins Bienenvolk als unnatürlich und sehen die Qualität des Honigs gefährdet. Wie stehen Sie dazu?

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Niemeier: Den Vorwurf höre ich immer wieder. Natürlich ist der Kunststoff lebensmittelecht. Aber da die Wabe bereits bewachst ist, kommt der Honig ohnehin nicht oder kaum mit dem Kunststoff in Kontakt. Außerdem sehe ich in dem Vorwurf eine gewisse Widersprüchlichkeit: Selbst Bioimker lagern ihren Honig ja monatelang in Kunststoffhobbocks.

Kunststoffwabe: Keine Probleme mit der Annahme

Versprechen Sie sich einen höheren Honigertrag, da die Bienen bei Kunststoffwaben weniger bauen müssen?

Niemeier: Die Annahme, dass die Bienen weniger bauen müssten, stimmt so nicht. Wie bei Mittelwänden aus Wachs müssen die Bienen bei meinen Kunststoffwaben noch Zellwände errichten. Was den Honigertrag betrifft, macht es also keinen Unterschied.

Besteht also der einzige Vorteil im eigenen Wachskreislauf?

Niemeier: Nein, ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Kunststoffwaben sehr einfach zu schleudern sind. Meine motorbetriebene Selbstwendeschleuder kann ich direkt voll aufdrehen, ohne eine Automatik zu benötigen. Selbst bei Rapshonig gibt es keinen Wabenbruch. Das bringt auch einen Zeitvorteil: Ich kann mit dem Föhn entdeckeln und gleichzeitig die Waben ausschleudern – ohne eine zusätzliche Hilfskraft.

Sehen Sie auch Nachteile in der Verwendung von Kunststoffwaben?

Kunststoffwabe

Niemeier: Ja, durchaus. Man braucht schon eine Menge Equipment, wenn man die Rähmchen vom Wachs befreien und reinigen möchte. Den Jungimkern empfehle ich deshalb, erst dann mit Kunststoffwaben anzufangen, wenn sie sicher sind, dass sie bei der Imkerei bleiben.

Kunststoffwabe: Dampfwachsschmelzer – lieber nicht

Wie läuft die Reinigung der Rähmchen ab?

Niemeier: Stark bebrütete Waben spritze ich mit dem Hochdruckreiniger ab. Dazu habe ich mir extra eine Kabine gebaut. Anschließend werden die Kunststoffwaben zur Entseuchung in einem Laugenbad einmalig auf 50 °C erhitzt und für mehrere Tage in der Lauge belassen. Wenn man nur wenige Völker hat, kann man das Wachs statt mit dem Hochdruckreiniger auch mit dem Stockmeißel, einem Spachtel oder einem Dreiecksschleifer abkratzen. Oder man verwendet die Kunststoffwaben nur im Honigraum. Das Wachs von unbebrüteten Waben ist einfacher zu entfernen als von bebrüteten.

Warum geben Sie die Kunststoffwaben nicht einfach in den Dampfwachsschmelzer?

Niemeier: Die Waben würden sich verziehen. Neuerdings soll es auch kochfeste Kunststoffwaben geben, damit habe ich allerdings keine Erfahrungen. Falls es tatsächlich keine Verformungen gibt, wäre dies eine große Arbeitserleichterung.

Oft hört man, dass Kunststoffwaben nicht oder nur zögerlich von den Bienen angenommen werden. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Imker mit Kunststoffwaben
Heinrich Niemeier nutzt die Kunststoffwaben sowohl im Brut- als auch im Honigraum. Das gleichzeitige Verwenden von Holzrähmchen macht keine Probleme.

Niemeier: Mit der Annahme gibt es keine Probleme, wenn man die Kunststoffwaben vernünftig bewachst. Das Wachs erhitze ich in einer mit einem Thermostat versehenen Fritteuse auf maximal 80 °C. Anschließend gehe ich mit einer Farbrolle zweimal über jede Stelle, besonders auch in den Ecken. Wird eine Stelle nachlässig bewachst, bauen die Bienen dort nicht.

Kunststoffwabe: Weniger Wachs und nun?

Sie erhalten wenig Entdeckelungswachs, da Sie bei der Honigernte einen Heißluftföhn nutzen. Reicht der Wachsertrag aus den Drohnenwaben, um die Kunststoffwaben zu bewachsen?

Niemeier: Ja, der Ertrag reicht aus, weil ich pro Volk und Saison bis zu sechs ganze Drohnenwaben im Deutsch Normalmaß ausschneide. Die Drohnenrähmchen habe ich zweigeteilt und kann so bei Verdeckelung der Drohnenbrut auch kleinere Bereiche sofort ausschneiden. Das intensive Drohnenschneiden hat übrigens einen weiteren Vorteil: In zwanzig Jahren sind mir erst zwei Bienenvölker an der Varroa eingegangen, obwohl ich alle Völker frühestens im September mit Ameisensäure behandele. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Malte Frerick.

INFO: Kunststoffwaben und hohe Temperaturen

Die zurzeit im Imkereifachhandel angebotenen Kunststoffwaben lassen sich grob in zwei Entwicklungstypen unterteilen, wobei beide auch als „Nordwabe“ bezeichnet werden. Zum einen handelt es sich um Waben, die bei 80 °C anfangen zu schmelzen. Diese Waben dürfen nicht in einen Dampfwachsschmelzer gelangen. Wie Heinrich Niemeier im Interview beschreibt, werden die Waben zunächst grob mithilfe eines Hochdruckreinigers oder eines Spachtels vom Altwachs befreit. Anstatt in ein Laugenbad geben die meisten Imker die Kunststoffwaben danach in ein bis zu 75 °C heißes Wasserbad und entfernen die verbliebenen Reste mit einer robusten Bürste. Das Tragen von Schutzkleidung ist bei beiden Verfahren absolut notwendig. Die als „kochfest“ bezeichneten Waben haben hingegen in der Regel ihren Schmelzpunkt bei 100 °C. Sie dürfen in einen Dampfwachsschmelzer, jedoch nicht in einen Sonnenwachsschmelzer gegeben werden. Der Fachhandel warnt zudem davor, diese Waben komplett in heißes Wachs einzutauchen. Um ein Verziehen der Kunststoffwaben zu verhindern, soll man sie nach dem Ausschmelzen gleich wieder in die Zargen hängen.

Kunststoffwaben reinigen
Die Reinigung der Waben ist äußerst aufwendig. Neben einer Kabine für die Hochdruckreinigung hat sich der Elektriker Niemeier ein temperaturgeregeltes Laugenbad angefertigt. Kochfeste Kunststoffwaben versprechen eine einfachere Reinigung mit dem Dampfwachsschmelzer.

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