Jakobskreuzkraut im Honig: Bis das Jakobskreuzkraut in dicker Blüte steht, dauert es meist bis Mitte Juli. Doch dann sollten Imker wissen, wie die Pflanze aussieht: Ihre Inhaltsstoffe finden sich im Honig wieder.
Die einen sprechen von Panikmache und die anderen von „Gift im Honig“, wenn Bienen nahe an Wiesen und Weiden stehen, auf denen das Jakobskreuzkraut wächst. Immer mehr davon wächst in Deutschland – vor allem in Schleswig Holstein, aber auch in anderen Bundesländern. Das Jakobskreuzkraut – auch Jakobs-Greiskraut und Jakobskraut genannt – ist in der Tat giftig, weil es sogenannte Pyrrolizidinalkaloide (PAs) enthält.
So gefährlich ist Jakobskreuzkraut
Weil diese giftige Pflanze für Pferde schädlich ist, fand das Jakobskreuzkraut seinen Weg in die Schlagzeilen. Die Pyrrolizidinalkaloide wirken in großen Mengen tödlich auf Pferde und Rinder. Auch für den Menschen sind sie mit einer möglichen Leberschädigung gefährlich. Bislang sind aus Europa noch keine Fälle bekannt, in denen es durch Jakobskreuzkraut zu Leberzirrhosen kam. Allerdings stellten Forscher bei Tierversuchen mit Ratten fest, dass einige Pyrrolizidinalkaloide krebserregend wirken können.
Für die Bienen selbst stellen die Pyrrolizidinalkaloide kein Problem dar. Das ergaben Untersuchungen des Instituts für Bienenkunde in Celle. Eine Verunreinigung durch diese Alkaloiden über den Nektar der Pflanzen ist jedoch möglich.
Jakobskreuzkraut Honig und Co.: Kein Grenzwert für Pyrrolizidinalkaloide im Honig
Auch der vergiftete Honig fand seitdem – entgegen der bekannten wissenschaftlichen Ergebnisse – seine Weg in die Medien. Untersuchungen in Regionen mit viel blühendem Jakobskreuzkraut haben allerdings – wenn überhaupt – nur geringe Spuren der Pyrrolizidinalkaloide in Honigen nachgewiesen. Sommerhonige aus „Risikogebieten“ überschreiten den Richtwert von 474 μg PAs/kg Honig nur sehr selten. Einen gesetzlich festgelegten Grenzwert gibt es bisher nicht.
Wissenschaftler wie Aiko Huckauf, Leiter des JKK-Kompetenzzentrums der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, schätzen das Risiko eines PA-Eintrages aus Jakobskreuzkraut als durchaus vorhanden, aber handhabbar ein. So könne man auch in Regionen, in denen viel Jakobskreuzkraut gefunden wurde, noch PA-freien Honig ernten. Durch eine geschickte Standortwahl, einen angepassten Erntezeitpunkt und die Nutzung oder Schaffung eines guten alternativen Trachtangebotes lässt sich das Risiko senken.
Jakobskreuzkraut im Honig?: Honiganalyse ohne Angaben zu Pyrrolizidinalkaloiden
Probleme gibt es dennoch, denn nicht jeder Imker kann seinen Honig auf die Pyrrolizidinalkaloide untersuchen lassen – die Analyse kostet rund 130 Euro. Anke Last, Vorsitzende des Imkerlandesverbands Schleswig-Holstein, hält deshalb ein Monitoring in Bezug auf die Pyrrolizidinalkaloide für angebracht. Bei einer normalen Honiganalyse sollte demnach standardmäßig der PA-Gehalt geprüft werden, damit Imker Sicherheit haben und das an ihre Honigkunden weitergeben können. Nur so ließe sich beurteilen, ob die Gefahr zunimmt und ob Maßnahmen gegen das Jakobskreuzkraut ergriffen werden müssen.
In diesem Zusammenhang muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass auch andere Pflanzen PAs enthalten und in nicht unerheblichem Maße zur Gesamtbelastung mit Pyrrolizidinalkaloiden von Honigen beitragen können: Wasserdost etwa und Natternkopf, Beinwell und Borretsch, Acker-Krummhals und Vergissmeinnicht.
Der Honigexperte Werner von der Ohe vom LAVES Institut für Bienenkunde Celle dabei gibt zu bedenken, dass Bienen das Jakobskreuzkraut nicht zwingend anfliegen, wenn es ein attraktiveres Trachtangebot in der Nähe gibt. Das Kraut blüht meist im Juli und August und beeinflusst, wenn überhaupt, nur Sommerhonige. Von der Ohe rät dazu, vor Blühbeginn abzuschleudern und Wiesen mit großen Beständen zu meiden.
Giftstoffe vermeiden: Wer viel Honig isst, sollte zwischen den Sorten wechseln
Obwohl die meisten deutschen Honige keine oder nur geringe Mengen Pyrrolizidinalkaloide aufweisen, empfiehlt das BfR Personen mit einem hohem Honigkonsum zwischen verschiedenen Sorten und auch Herkünften zu wechseln und sich nicht nur auf eine Sorte festzulegen. Werner von der Ohe erklärt dies so: „Der Handel kann den PA-Gehalt der Fertigware durch Mischungen von Honigen niedrig halten. Da es keinen Grenzwert gibt, ist der Verbraucher für sich selbst verantwortlich und erhält durch das BfR eine Konsumempfehlung. In Unkenntnis der PA-Gehalte von gekauften Honigen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass beim Wechsel zwischen diversen Honigsorten die Aufnahme von PA relativ gering ist.“
Imker diskutieren dennoch über PA in Honig. Doch Untersuchungen haben mehrmals gezeigt, dass die meisten in Deutschland geernteten Honige keine oder nur geringe Mengen PAs aufweisen. „Höhere Belastungen als in Honig findet man aber zum Beispiel in Kräutertees“, erläutert von der Ohe.
Eine große Gefahr geht grundsätzlich nicht vom Jakobskreuzkraut aus. Dennoch gilt es, das Kraut zu kennen und es zu vermeiden, Bienen direkt dort aufzustellen, wo es große Bestände gibt.
So erkennt man das Jakobskreuzkraut
Das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) gehört zu den sogenannten Korbblütlern und ist eine heimische Pflanze, deren Bestände in den vergangenen Jahren allerdings deutlich zugenommen haben. Die Pflanze wird etwa 120 Zentimeter hoch. Sie besitzt gelbe Blüten, die in Körbchen zusammengefasst sind, wobei die meist 13 randständigen Zungenblüten etwas heller sind als die etwa 60 Röhrenblüten in der Mitte. Jakobskreuzkraut ist meist zweijährig, kann aber auch noch weitere Jahre überstehen. Die Pflanze blüht jedoch nur einmal in ihrem Leben: Nach dem Verblühen stirbt sie ab.
Als Pionierpflanze wächst das Jakobskreuzkraut vornehmlich auf offenen, brachliegenden Flächen wie Baulücken, aber auch auf extensiv bewirtschafteten Weiden. Im Intensivgrünland spielt das Kraut aufgrund des geschlossenen Bewuchses und der häufigen Mahd hingegen keine Rolle. Auch auf Äckern kann sie sich als zwei- bis mehrjährige Art nicht etablieren, weil sie die regelmäßige Bodenbearbeitung nicht überlebt.
Flächen, auf denen Jakobskreuzkraut wächst, zur Bekämpfung häufiger zu mähen, ist dagegen nicht unbedingt eine Lösung, da mit dem Kraut auch die natürlichen Fressfeinde – etwa die auffällig orange-schwarz geringelten Raupen des Blutbären (Tyria jacobaeae) – verdrängt werden. Zudem bietet die Pflanze Hunderten weiterer Insektenarten Nahrung und Lebensraum- ein Aspekt, der angesichts der aktuellen Debatte um das Insektensterben heute wichtiger scheint denn je. Nach Ansicht von Aiko Huckauf sollte das Kraut deshalb dort stehen bleiben dürfen, wo es niemanden stört.
Der Ansicht sind auch verschiedene Naturschutzverbände, die den Umgang mit dem Jakobskreuzkraut für Panikmache halten und fordern, dass man die heimische Pflanze nicht weiter verteufeln sollte. Nach Ansicht des NABU Schleswig-Holstein wurde die Debatte darüber zu sehr aufgebauscht und viele Imker hätten inzwischen verstanden, dass sie sich ihren Honigmarkt mit der Diskussion um die angebliche PA-Belastung selbst ruinieren.
An der PA-Belastung von Honig wird derzeit dennoch weiter geforscht. So haben Studien des JKK-Kompetenzzentrums der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein ergeben, dass in belasteten Honigen im Laufe der Zeit immer weniger PA nachgewiesen werden: Es findet ein Abbau statt. Dieser betrifft vor allem die oxidierte Form der Pyrrolizidinalkaloide, die sogenannten PA-N-oxide oder „PANOs“, deren durchschnittlicher Anteil am Gesamt-PA-Gehalt eines Honigs in manchen Jahren bis zu 86 Prozent ausmachen kann. Der PA-Gehalt eines frisch geschleuderten Honigs kann damit binnen etwa drei Monaten auf rund ein Siebtel des ursprünglich gemessenen Wertes sinken.
Der Richtwert für Pyrrolizidinalkaloide (PA) in Lebensmitteln
Im Juli 2017 hat die EU-Verbraucherschutzbehörde EFSA den Richtwert erhöht, unter dem eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Pyrrolizidinalkaloide (PA) in Lebensmitteln möglich ist. An diesem Richtwert orientieren sich auch die Empfehlungen des das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). So gehen die Behörden seitdem nicht mehr davon aus, dass ab einem Wert von 140 μg/kg PA Belastungen für die Gesundheit entstehen können, sondern erst ab etwa 474 μg PA/kg.
Konkret bedeutet das: Auf Dauer sollte eine tägliche Aufnahmemenge von 0,0237 μg PAs pro Kilo Körpergewicht nicht überschritten werden. Das entspricht bei 60 kg Körpergewicht 1,42 μg PAs pro Tag. Bei einem täglichen Honigkonsum von 20 Gramm und einem Körpergewicht von 60 kg sollte der PA-Gehalt des Honigs 71 µg/kg nicht überschreiten; für einen halb so hohen Tageskonsum von 10 g Honig ergibt sich ein entsprechend höherer Richtwert von 142 µg/kg.
Nach den Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) kann man davon ausgehen, dass für den durchschnittlichen Erwachsenen bezogen auf Honigkonsum und Körpergewicht erst bei einem dauerhaften Verzehr von Honig mit mehr als 474 μg PAs/kg Honig eine gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist.
Dabei wird allerdings von einem Honigkonsum von etwa einer Messerspitze (3 g) pro Tag und einem Körpergewicht von 60 kg ausgegangen. Personen mit einem geringeren Körpergewicht als 60 kg wie etwa Kinder oder Vielverzehrer, zu denen klassischerweise viele Imker gehören, könnten demnach doch stärker belastet werden, wenn sie Honig essen, der viele PAs enthält.
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TOP-THEMEN im Dezember-Heft
1. Vielfalt in Kasachstan
Unberührte Natur und Artenvielfalt – davon gibt es in Kasachstan reichlich. Der Entomologe Christian Schmid-Egger begab sich auf Erkundungstour in das zentralasiatische Land und berichtet.
2. Stockluft-Therapie
Das Inhalieren von Bienenstockluft hat sich zu einer alternativen Therapieform entwickelt. Imker und Heilpraktiker arbeiten dabei oft eng zusammen. Die kassenärztliche Anerkennung fehlt hierzulande allerdings noch. Ein Bericht aus der Anwendungspraxis.
3. Honigverfälschungen
Seit Oktober machen Enthüllungen über verfälschte Supermarkt-Honige Schlagzeilen. In einer eigens dazu angesetzten Diskussionsrunde auf der eurobee blieben hinsichtlich der angewandten Methode jedoch einige Fragen offen. Eine Zusammenfassung.
4. Futterkranzprobe
Pia Aumeier erklärt, wie sie ihre Bienenstände vor einer Infektion mit Amerikanischer Faulbrut schützt, indem sie regelmäßig Futterkranzproben nimmt. Ein Fahrplan für das Ziehen der Futterkranzprobe.
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